Donnerstag, 12. Dezember 2013

Die Illusion deutscher Dominanz

Nachdem gestern mit Schalke 04 und Borussia Dortmund alle vier deutschen Vereine das Achtelfinale der Champions League erreicht hatten, sprach unter anderem Deutschlands Boulevard-Liebling Lothar Matthäus in der „Bild“ reflexartig von einer „dominanten Vorstellung“ der Bundesliga, die seiner Meinung nach „die beste Liga der Welt“ sei. Die mediale Begleitung des Sports (und insbesondere des Fußballs) führt damit nicht zum ersten Mal die geläufige sprachliche Bedeutung deutscher Worte ad absurdum. 

Dass Matthäus die Situation durch die rosarote deutsche Brille zu betrachten scheint, ist eigentlich nicht  verwunderlich. Dafür aber umso mehr die Tatsache, dass derartige Auswüchse in frustrierender Regelmäßigkeit unkommentiert nicht nur von Fans, sondern auch von Journalisten hingenommen und sogar übernommen werden. Jenen also, die eigentlich die Einordnung sportlicher Ereignisse als eine ihrer Kernkompetenzen erachten (sollten). Kurzzeitgedächtnis und Sprachverständnis kommen dabei aber scheinbar meistens nicht zum Einsatz.

Alles gewonnen - alles gut?

Solche journalistischen Unsauberkeiten mögen im Einzelfall zugegeben nicht tragisch sein und ich kann jeden verstehen, der mich einen Pedanten schimpft.  Es passt aber in das Bild der einfachen medialen Denkstrukturen und Kategorisierungen, die besonders im Sport vorherrschen. Alle gewonnen, also alles gut. Verloren, also alles schlecht. Dass sich die Situationen  meist wesentlich komplexer zusammensetzen? Schwamm drüber!

In diesem speziellen Fall ist die Einschätzung des Rekordnationalspielers so fatal falsch, dass wohl sogar Buddha Murat Yakin von seinem Sitz aufspringen würde. Eine internationale Dominanz oder Vorherrschaft der Bundesliga lässt sich – mit Ausnahme des FC Bayern (duh) – weder in den einzelnen Gruppen, noch im Gesamtbild beider Wettbewerbe erkennen.

Fünfjahreswertung als Licht der Wahrheit

Ein Blick auf die Fünfjahreswertung zeigt: von Dominanz ist die Bundesliga Lichtjahre entfernt. 12.285 Punkte sammelten die sieben internationalen Vertreter der Liga bisher. Damit liegt die Liga zwar klar vor den Konkurrenten auf den Plätzen vier bis sechs (Italien, Portugal, Frankreich), aber eben auch deutlich hinter den beiden Topligen Spanien (14.071) und England (13.142), das sogar noch alle sieben Teilnehmer im Wettbewerb hat.

Ja - mögen einige jetzt sagen - aber das liegt nur an den schwachen Freiburgern und dem (überraschend) frühen Ausscheiden des VfB Stuttgart. Diese Teams gehören aber ebenso zur Bundesliga. Davon unabhängig lässt aber selbst ein Blick alleine auf die Champions League die Seifenblase von der deutschen Dominanz zerplatzen.

Und was ist mit England?

Vier der 16 Achtelfinalisten kommen aus Deutschland. Das ist zweifelsohne eine erfreuliche wie beachtliche Leistung. England stellt jedoch ebenso vier Teilnehmer. Dazu holten die vier englischen Teams aber insgesamt sechs Punkte mehr (53) als die vier deutschen Vereine zusammen. 

Auch der direkte Vergleich spricht für die Engländer: Sechs der acht Duelle gegen die Bundesligisten gingen (teilweise deutlich) an die Teams von der Insel (Torverhältnis 21:9). Zur Erinnerung: Manchester United, das Leverkusen („Bester Zweiter aller Zeiten“) zweimal aus dem Stadion schoss, ist derzeit nur Neunter in der Premier League.

Dominanz der Topligen

Dazu kommen noch die Spanier, bei denen drei von vier Teams ihre Gruppe gewinnen konnten. Wenn überhaupt kann man also von einer Dominanz der drei Topligen sprechen, die nun elf der 16 Achtelfinalklubs stellen.

Da diese Fakten aber scheinbar nicht in eine "Bild"-Kolumne oder einen Dreiminüter passen, müssen mitdenkende Zuschauer wohl weiter mit der „Dominanz-Debatte“ vorlieb nehmen. Zumindest bis zum Achtelfinale, wo dann nahtlos in die „Endzeit-Debatte“ übergegangen werden kann.

Lieber ist mir persönlich aber in diesem Fall die ehrliche Rhetorik von Jürgen Klopp, der nach dem entscheidenden Sieg des BVB Mitgefühl für die mit 12 Punkten ausgeschiedenen Neapolitaner zeigte und zugab: „Wir sind Gruppensieger, weil wir auf unsere schlechten Momente gut reagiert haben.“ Eine durchweg realistische Einschätzung in 5 Sekunden. Geht doch.



Samstag, 2. November 2013

Bayern in Hoffenheim: Erst Kroos bringt die Dominanz

Das das Spiel heute wirklich aus taktischer Sicht hochinteressant war und ich bereits seit einiger Zeit nichts mehr hier verschriftlicht habe, gibt es heute einmal eine sehr taktiklastige Analyse des Spiels gegen 1899 (– in der Hoffnung, dass Erik Meijer das liest).

Anhand der Statistiken beider Teams war von den Zuschauern ein torreiches Spiel erwartet worden. Hoffenheim war immerhin vor dem Spieltag die Mannschaft mit den meisten geschossenen (24) und kassierten Toren (24), die Bayern dagegen in den letzten Wochen nicht immer sattelfest und anfällig für konterstarke Mannschaften wie 1899. 

Dass es letztlich nicht zu einer großen Zahl an Chancen kam, war der interessanten taktischen Herangehensweise der Hoffenheimer und einigen Rochaden (zuviel) im Bayernspiel zuzuschreiben.

Unterschiedliche Pressingansätze

Schon zu Beginn waren die unterschiedlichen Pressingansätze beider Teams zu erkennen. Hoffenheim ließ den Bayern viel Raum beim Aufbau über die beiden Innenverteidiger Dante und Boateng, die je nach Situation relativ nah zueinander standen oder weiter auseinanderrückten, um Martinez Platz zu gewähren. 

Modeste bildete erst auf Höhe der Mittellinie die Keilspitze der Hoffenheimer Defensive, die sich vorrangig darauf konzentrierte, zentrale Anspiele in den Raum ca. 30 Meter vor dem eigenen Tor zu verhindern. Dies gelang lange Zeit sehr gut.
 
Wirklich intensives Pressing bis zu Neuer führten die Gastgeber nur situativ und sporadisch aus, wenn sich der ballführende Bayernspieler mit dem Gesicht zum eigenen Tor befand. Durch die ballsicheren Bayern blieben jedoch auch diese Situation meist ertraglos aus Sicht von Gisdols Team. Lediglich kurz vor der Pause entstanden so einige wenige Ballgewinne.

Bayern presste dagegen schon früh in des Gegners Hälfte, was besonders in der ersten halben Stunde zu zahlreichen langen Bällen und folgend Ballverlusten der Hoffenheimer führte. Spielmacher Firmino war besonders in der ersten Halbzeit dadurch völlig vom Spiel abgeschnitten und die meist Modeste suchenden langen Anspiele blieben unpräzise. Gerade Mandzukic verrichtete in diesen Situationen viel Laufarbeit und erzwang einige Rückpässe in Richtung Casteels, der selten durch präzise Zuspiele glänzte.

Hoffenheim zwingt Bayern nach außen

Durch die gute Raumaufteilung und Staffelung der Hoffenheimer im zentralen Mittelfeld blieb den Bayern häufig nur der Weg über die Außenspieler – was in dieser Saison bisher durchaus ungewöhnlich war und ein wenig an die Herangehensweise des BVB in den letzten Duellen gegen die Münchener erinnerte. Nach außen treiben, isolieren und dann schnell kontern.

Durch dieses gute Stellungsspiel der Hoffenheimer erwies sich auch Guardiolas Reaktion auf die Abwesenheit von Kroos zunächst als wirkungslos. Ribery rückte gerade in der ersten Halbzeit sehr häufig weit in die Mitte ein und sollte vermutlich gemeinsam mit Götze die ballsichere Zentrale vor dem eher defensiven Martinez bilden.

Schweinsteiger wich dadurch häufig auf die linke Außenbahn aus, wo er sich am Aufbauspiel beteiligte. Alaba gab dagegen einen sehr offensiven Außenverteidiger und übernahm praktisch die Rolle von Ribery mit. 

Ebenso variabel präsentierten sich die beiden anderen Offensivakteure Müller und Mandzukic. Der Kroate wich häufig auf einen der Flügel aus und versuchte verstärkt am Kombinationsspiel zu partizipieren, wobei seine Flanken aber in der Mitte nur selten ihr Ziel fanden.

Schlechte Abstimmung der Laufwege

Generell waren die häufigen Missverständnisse und die teils schlechte Abstimmung der Laufwege im Bayernspiel auffällig. Besonders Müller und Mandzukic wählten einige Male denselben Laufweg. Auch  Schweinsteiger wurde bei seinem Schussversuch von Mandzukic behindert. 

Zwar kamen die Bayern einige Male an die Grundlinie, so etwa Lahm (15.) oder Alaba (19.), fanden aber dann keine Anspielstation, weil eben die Laufwege der Mitspieler schlecht getimed waren. Lücken fanden die Bayern vor allem immer wieder in der Schnittstelle zwischen den beiden Innerverteidigern und den Außenverteidigern.

Hoffenheimer schaffte es überraschend ohne wirklich harte Zweikampfführung, die Bayern aus der gefährlichen Zone fernzuhalten. Ausnahme war das gelbwürdige Einsteigen von Abraham gegen Ribery (24.), in dessen Folge Martinez das 1:0 auf dem Oberschenkel hatte (24.).

Götze & Schweinsteiger kaum Faktoren

Ein Grund dafür war sicherlich, dass sowohl Schweinsteiger als auch Götze lange Zeit kaum Faktoren waren und Martinez durch das gute Anlaufen von Modeste auch selten einen zentralen Pass in die Tiefe spielen konnte. Stattdessen zwang Hoffenheim die beiden Innenverteidiger mangels Anspielstationen mehrmals in riskante Dribblings, die jeweils in überhasteten Abspielen (Boateng) oder Ballverlusten (Dante) mündeten.

Torchancen waren also Mangelware, weswegen beide Treffer konsequenterweise aus Standards fielen. Dem 1:0 ging dabei ein klarer Patzer von Manuel Neuer voraus, der sich für die vermeintlich riskantere Variante entschied, den Ball zu fangen und ihn fallenließ (34.). 

Einer kurzen Phase der Münchener Verunsicherung, in der Hoffenheim durch Volland zweimal die Chance hatte, die Führung zu erhöhen (34.&36.), folgte der glückliche Ausgleich durch Mandzukic (39.).

In der hektischen Phase vor der Pause war es gleich mehrmals Martinez zu verdanken, der mit seiner außerordentlichen Zweikampfstärke einige Male vielversprechende Hoffenheimer Konter unterbinden konnte (40./42./44./47./61.), dass die Gastgeber aus der Unordnung im Bayernspiel kein weiteres Kapital schlugen. 

Der von Kommentator Roland Evers durchaus kritisch gesehene Spanier glänzte zwar offensiv nicht sonderlich, was sicher auch an Hoffenheims Ausrichtung lag, erwies sich aber als wertvoller Balancespieler und bester Zweikämpfer. Also genau das, was man von einem Sechser erwartet.

Mit Kroos kommt die Dominanz

Guardiola reagierte zur Pause mit einigen taktischen Umstellungen. Er forderte nun gut sichtbar ein Überspielen der ersten Mittelfeldreihe, wodurch die erste Pressingwelle der Hoffenheimer umgangen werden sollte. Zudem schickte er Ribery wieder auf den Flügel. Besonders diese Umstellung zeigte sofort Wirkung. 

Durch die Achse Ribery-Alaba gewann das Bayernspiel sofort an Dynamik. Müller hätte nach einer Ribery-Flanke bereits die Führung erzielen können (57.). Hoffenheim hatte seinerseits durch Volland kurz zuvor die große Chance auf die erneute Führung, als es Firmino einmal gelang, Martinez mit einem Tunnel zu überspielen (55.).

Der zweite und entscheidende Knackpunkt war dann die Einwechslung von Kroos für Mandzukic nach einer Stunde. Dadurch gewann Bayern nicht nur die Hoheit und Ballsicherheit in der Zentrale zurück, Kroos sorgte ebenso für die bis dato kaum verwendeten Spielverlagerungen, wodurch die Hoffenheimer weite Wege gehen mussten und zunehmend müde wirkten.

Dreieck Kroos-Ribery-Alaba glänzt

Besonders das Dreieck Ribery – Alaba – Kroos kreierte in der Schlussphase Chance um Chance (66./67.). Trotzdem musste erneut der Zufall, beziehungsweise zwei kurz aufeinanderfolgende Fehler der Hoffenheimer (in Person von Beck und dem ansonsten starken Süle) für Müllers Siegtreffer herhalten (75.). In der letzten Viertelstunde spielte Bayern seine technische Überlegenheit aus und hätte durch Müller noch ein Tor mehr erzielen müssen (86.).

Fazit: Ein taktisch interessantes Spiel, das von Seiten der Münchener erst nach der Hereinnahme von Kroos dominiert wurde. Hoffenheim mit einigen interessanten Pressingansätzen aber im Abschluss weitgehend harmlos. Bezeichnend, dass jeweils zwei der drei Tore durch Standards oder krasse individuelle Fehler begünstigt wurden.  

Bayern: Neuer (4,5) – Lahm (3), Boateng (3,5), Dante (3,5), Alaba (3) – Martinez (2,5), Schweinsteiger (3,5), Götze (4), Ribery (2,5), Müller (3,5) – Mandzukic (3,5) Eingewechselt: Kroos (2), Rafinha (-)

Montag, 7. Oktober 2013

Podcast (10) - Perfekte Wochen und ewige Loser

Im aktuellen Podcast sprechen wir über die tollen Spiele gegen Manchester City und Bayer Leverkusen und beschäftigen uns mit der verschobenen Wahrnehmung auf allen Ebenen. 0.01 Begrüßung 1.22 Manchester shitty? 3.28 Das Haar in der Suppe 8.19 Fehleranalyse und Buttslap-Gif's 21.08 Gala gegen Leverkusen 22.15 Das Haar in der Suppe II 28.48 Die Causa Lahm 31.20 Neuer und der Patzer, der keiner war 34.05 Weltklasse Leno? DAFUQ??? 36.18 Niemand mag Loser 46.30 Toni Kroos: Fußballgott! 47.39 Quatsch und Verabschiedung

Donnerstag, 18. Juli 2013

SoM Podcast (8) - Speckmuffins, blaue Augen und Thiago-Fieber

Content: 00.01 Quatsch 02.37 Intro 03.56 CL-Finalerinnerungen: Speckmuffins und blaue Augen 09:31 Mario Gomez - Abschied mit Fragen 34:10 Neuzugänge 65:05 Mögliche Aufstellungen 81:21 Abschied mit jeder Menge Weisheiten

Dienstag, 2. Juli 2013

Machs gut Mario!

Ein Gastbeitrag von meinem geschätzten Podcast-Kollegen Andreas zum bevorstehenden Abschied von Mario Gomez:


Noch ist nichts bestätigt, aber die Anzeichen verdichten sich: Mario Gomez wird den FC Bayern verlassen. Allem Anschein nach Richtung Florenzer AC. Jedoch, so richtig Wehmut will sich bei der bayrischen Anhängerschaft irgendwie nicht auftun – Schade eigentlich.
  
Der FC Bayern und Mario Gomez - so eine richtig innige Liebesbeziehung  war das nie, obwohl die Bedingungen dafür durchaus dagewesen wären: Er macht Tore (gar nicht mal so wenige), der Arbeitgeber holt Titel – woanders reicht das als Grundlage schon aus, dass man den eigenen Namen zur umgedichteten Melodie eines allseits bekannten Gassenhauers um die Ohren geschmettert bekommt.

Warum das beim Schwabenbomber mit dem semispanischen Migrationshintergrund nicht der Fall ist, möchte ich im Folgenden zu ergründen versuchen.

Der erste Punkt ist – so platt das zunächst einmal auch klingen möge – sein Aussehen. Auch die Haare. Vielleicht besonders die Haare. Dazu der adonishafte Körper (wobei das adonishafte gelegentlich dazu neigt, sich proportional umgekehrt mit dem Näherkommen des Spielgerätes zu verflüchtigen). 

An sich ist gutes Aussehen für einen Fußballer ja nicht zwingend schädlich. Man bekommt Werbeangebote, darf die eigene, grinsende Visage in Modezeitschriften, das beschmuckte Handgelenk im Lifestyle-Magazin der Wochenzeitung und das Gemächt, verpackt in Designerschlüppern, an der Litfaßsäule bewundern. Dazu gibt’s nen Riesenhaufen Groupies, denen man auch noch den letzten Dreck verkaufen kann, solange nur der eigene Name draufsteht. 

 Dass die altersmäßig in der Regel eher am Anfang der Geschlechtsreife stehen – zweitrangig. Bleibt eben mehr Ernte für den Karriereherbst. 

 Mario Gomez‘ Problem an dieser Stelle ist, dass er für sein Aussehen nicht ignorant genug ist. Wo ein David Beckham und Cristiano Ronaldo es als Selbstverständlichkeit empfinden, beim Klopapier kaufen von 20 Papparazzi begleitet zu werden, um am nächsten Tag eine Lobeshymne über das passende, weil ebenfalls 4-lagige, Outfit zu lesen, ist einem Mario Gomez diese mediale Schlagzeilenmaschinerie suspekt. 

 Das hat er sich vor allem durch die legendär vergebene Chance bei der EM 08 und während seines ersten Jahres bei den Bayern angeeignet, als alle darauf versessen waren, den neuen Rekordtransfer der Bundesliga scheitern zu sehen. Seither pflegt dieser Mario Gomez einen unprätentiösen, distanzierten und bisweilen auch herablassend-ironischen Umgang mit den Medienvertretern. 

 Als er in seinem zweiten Jahr, am achten Spieltag gegen Hannover aus dem Stand einen Dreierpack erzielt, wollen alle Journalisten die Phoenix-aus-der-Asche-Story, die Wiederauferstehung des Totgesagten. Nur Mario Gomez wollte das nicht. Darum zuckte er lieber mit den Schultern, sprach in zurückhaltender Lautstärke und lächelte in sich hinein, anstatt sich auf die angebotene Heldenverehrung einzulassen. Zu frisch waren die Erinnerung an seine öffentliche Degradierung („Gomez ist bei mir Stürmer Nr. 4“, Louis van Gaal vor der Saison).
  
Wenn man sich nicht vom Antlitz des Posterboys blenden lässt, sondern ihm einfach nur zuhört, merkt man relativ bald, dass da ein junger Mann spricht, der eigentlich zu reflektiert für den kurzsichtigen, superlativ-fixierten Medienbetrieb ist. Der, nachdem er wieder mal 3 Tore in 12 Minuten geschossen hat, absichtlich die Luft in Interviews rausnimmt, weil er ganz genau weiß, dass wenn er im nächsten Spiel die Quote nicht hält, sofort die Formkrisen-Schlagzeile ausgepackt wird – egal welche Sprache die objektiven Leistungsdaten sprechen.

 Nun kommt jedoch eine strukturelle Komponente ins Spiel, die diese eigentlich sympathische Eigenschaft des Mario G. ins Gegenteil verkehrt. Diejenigen, die Mario Gomez bei seinen Interviews nach dem Spiel so milde belächelt, sind die Typen, die ihm das Mikro unter die Nase halten und Fragen stellen, die an Banalität kaum zu überbieten sind. Diejenigen, bei denen das aber ankommt, sitzen Zuhause vor dem Fernseher. Was der ZuschauerIN (*generisches Femininum für unsere Leipziger Leser) sieht, ist der gelangweilte Gesichtsausdruck eines ansonsten ziemlich gutaussehenden Jungmillionärs. Und dazu kann ihn nicht mal so ne affige Frise entstellen!
  
An dieser Stelle gleitet die zur Schau gestellte Gelassenheit ganz schnell in eine wahrgenommene Arroganz um. Von der Immunität gegen überbordende Lobhudelei bis zur antizipierten Überheblichkeit ist es nur ein ganz kleiner Schritt. Und in einem Medium, in dem Beiträge mit mehr als 30 Sekunden Länge schon als Zumutung für das Publikum empfunden werden, ist diese Unterscheidung auch nicht immer leicht zu treffen.
  
 So kommt es, dass Mario Gomez vor allem deswegen nicht so gut mit den Fans kann, weil er mit den Medien nicht so recht möchte, auch wenn diese ob seines gut vermarktbaren Äußeren gerne würden. Es gibt keine Homestory in Wohnzimmeratmosphäre, kein Schunkeln mit dem Tegernseer Fandelegierten auf dem Oktoberfest, ja nicht mal ausgelassene Jubelbilder in der Fankurve nach einem erzielten Tor, sondern höchstens diesen unspektakulären Torero-Move. 
  
Mario Gomez zweiter Fehler ist, dass er wahrscheinlich irgendeinen aufgemotzten Audi fährt, anstatt sich endlich mal einen Delorean zuzulegen. Was in anderen Zusammenhängen als Gnade ausgelegt wird, ist bei Mario Gomez das Pech der späten Geburt. Seit sich der europäische Spitzenfußball dazu entschlossen hat, flächendeckend nur noch das katalanische 4-5-1 nachzuspielen, sind Knipser seines Formats nicht mehr gefragt. Stürmer sollen die Bälle nicht mehr unbarmherzig verwandeln, sondern halten, ablegen, verteilen und im Extremfall sogar noch erobern! 

Vor ein paar Jahren, als man das gute alte 4-4-2 noch spielen konnte, ohne sich schlagartig zum Gespött der Fachwelt zu machen, sind Torjäger für ihre unorthodoxen Abschlussqualitäten gelobt worden. Ulf Kirsten hat ein Tor mit dem Arsch gemacht, Gerd Müller unzählige in jeder erdenklichen Position – und kaum eins davon war schön herausgespielt. Aber wenn Mario Gomez ein Tor mit dem Penis erzielt, kichern alle nur anstatt ehrfurchtsvoll inne zu halten. Was eine ungerechte Welt!

 In der Bundesliga hat Mario Gomez 75 Tore in 115 Spielen für den FC Bayern geschossen, in 39 Champions League Spielen waren es 23 – eine stattliche Quote. Aber immer musste er sich für die Art und Weise rechtfertigen (was, um nochmal auf die oben aufgeführte Medienkiste zu verweisen, nicht unbedingt eine Stärke von ihm ist). 

Wahrscheinlich hat Mario Gomez mit wirklich jedem ihm zur Verfügung stehenden Körperteil (bis auf den Spann) schon irgendwie eingenetzt. Man könnte das, wenn man will, problemlos als Vielseitigkeit, Killerinstinkt, unbedingten Willen auslegen. Wenn man nicht will, macht man daraus eben Tollpatschigkeit.
  
Mario Gomez ist der wahrscheinlich mit Abstand beste und effizienteste Torjäger der letzten 15 bis 20 Jahre, nur erkennt man das nicht, weil die spielsystemischen Anforderungen andere Maßstäbe setzen. Und die Spielanlage der Bayern war in den letzten Jahren erst recht keine, die seine Stärken zum Vorschein gebracht hätte. Die starke Verlagerung auf die Außen bringt einem dynamischen Stürmer wenig, wenn durch die ständigen Hereingaben von der Seite eher Wuseligkeit auf kleinem Raum und Spritzigkeit gefragt sind. 

 Dazu sei erwähnt, dass ich schon Schwierigkeiten habe, mich überhaupt an Hereingaben von der Robben-Seite zu erinnern – von ‚erfolgreichen‘ ganz zu schweigen! In Anbetracht solcher Umstände sollte die Bilanz des Mario Gomez vielleicht sogar in noch hellerem Lichte erstrahlen.
  
Alles in allem fällt es nicht schwer, Mario Gomez‘ Beweggründe für einen Wechsel nachzuvollziehen. In den 2 Jahren, in denen er beim FC Bayern in der Spitze gesetzt war, hat er jeweils deutlich über 20 Ligatore erzielt – und musste sich ständig dafür rechtfertigen. In den 2 Jahren, in denen er nicht gesetzt war, lag die Trefferanzahl immer noch im zweistelligen Bereich – aber die Abgesänge auf ihn waren ungemein heftiger. 
Und nicht mal für das Standing in der Nationalmannschaft war die Anstellung beim Ligaprimus noch nützlich – Miroslav Klose brauchte nur fit zu sein, um vom Bundestrainer vorgezogen zu werden. 
  
Wer hätte da nicht Sehnsucht nach der alten Stuttgarter Zeit, in der das Publikum einem bedingungslos zujubelt und es der Trainer ist, der sich rechtfertigen muss, wenn der eigene Name in der Startaufstellung fehlt?! Insofern nimmt man für das bisschen Liebe vielleicht auch den vorübergehenden Abstieg zu einem Euro-Ligisten in Kauf, denn wer hat gesagt, dass Florenz Gomez‘ letzte Station bleiben müsse?
  
Auch ich kann mich nicht freimachen von so manchem Fluch, Lacher oder Wutausbruch über verstolperte Bälle, missglückte Annahmen und unnötige Schienbeinpässe. Aber als Typ mochte ich Mario Gomez immer gerne. Darum, mach‘s gut, Junge! Viel Glück mit den Florentiner Fans und in der Serie A – um die Tore müssen wir uns ja glücklicherweise keine Sorgen machen… 



Andreas Zielke

Sonntag, 26. Mai 2013

Bayern krönt sich gegen Dortmund oder Das Schicksal ist konsequent

Der FC Bayern hat seine bis hierhin perfekte Saison gekrönt und ist Champions-League-Sieger 2013. Noch beschissener kann man diesen Blogbeitrag nicht beginnen, aber es fehlen mir schlicht die Worte, das gestern Erlebte adäquat einzuleiten.

Ich habe das große Glück, Fan einer Mannschaft zu sein, die in dieser Saison die Fähigkeiten und den Willen hat, ihre Beobachter wieder und wieder in Staunen zu versetzen. Der Triumph einer Mannschaft hat sich wohl selten so deutlich angekündigt wie dieser.

Borussia Dortmund hat es uns aber nicht leicht gemacht im Finale. Die erste halbe Stunde war es die schwarzgelbe Borussia, die uns mit ihrem mittlerweile berühmten Pressing den Wind aus den Segeln nahm und durchaus hätte in Führung gehen können. Taten sie aber nicht.

Wir befreiten uns und profitierten sicherlich davon, dass den BVB nach und nach die Kräfte verliesen. Nach 30 Minuten war die größte Drangphase vorbei, waren wir im Spiel. Nach der Halbzeit waren wir dann so dominant, wie ich es mir bereits vor dem Finale erhofft hatte.

Ich muss zugeben, ich habe den BVB unterschätzt. Es stimmt, dass es derzeit wohl keine andere Mannschaft auf der Welt schafft, uns an den Rande einer Niederlage zu bringen. Die erste halbe Stunde in Wembley war keine schlechte Leistung unsererseits, es war eine Konsequenz aus dem starken Spiel Dortmunds.

Und trotzdem sind wir am Ende der hochverdiente Sieger. Es war kein Glück, es war anhand des Spiels der wahrscheinlichste Ausgang.

Ja, es ist korrekt, Dante hätte bei seinem klaren Foul an Reus auch vom Platz fliegen können. Es ist aber auch Teil der Wahrheit, dass die erste Verwarnung für den Brasilianer nicht wirklich zwingend notwendig war.

Rizzoli bewies in dieser Situation Fingerspitzengefühl, wollte die vielzitierte "doppelte Bestrafung" in einem derart wichtigen Spiel nicht zu einem entscheidenden Faktor machen. Was ich nachvollziehbar und richtig finde, ebenso jedoch objektiv genug bin, zu erkennen, dass dies möglicherweise meiner rotweißen Vereinsbrille geschuldet ist.

Letztlich kann ich in diesem Spiel die Aufregung um den Schiedsrichter nicht nachvollziehen. Rizzoli hat für mich das getan, was der Leitsatz eines jeden Schiedsrichters in einem derart wichtigen Spiel sein sollte: das Spiel sauber halten, das ahnden, was geahndet werden muss und ansonsten zu versuchen, das Spielgeschehen nicht maßgeblich durch die eigenen Entscheidungen zu beeinflussen. Mit seiner ruhigen und guten Körpersprache trug er dazu bei, das Spiel ganz ohne viel Zutun unter Kontrolle zu halten.

Deshalb war es aus meiner Sicht auch richtig, Ribery nicht vom Platz zu stellen, wenngleich sich der Franzose mit seiner Dummheit gegen Lewandowski wieder einmal beinahe um den verdienten Lohn der in dieser Saison verrichteten Arbeit gebracht hätte.

Auf einer Skala von Losreißen bis Ellenbogenschlag verorte ich die Bewegung jedoch eher bei Ersterem und so sah es wohl Rizolli auch.

Apropos Lewandowski: Was sich unser (vielleicht) zukünftiger Stürmer gegen Boateng leistete, war für mich die hässlichste Szene des Abends (dahinter folgen Ribery und Boateng mit seiner Racheaktion gegen Subotic). Rizzoli und seine Assistenten haben die Szene wohl nicht gesehen, für die Bewertung des Tritts hätte es sonst keinen Spielraum gegeben.

Beide Mannschaften taten dem Italiener den Gefallen, sich vorrangig auf ihre spielerischen Mittel zu verlassen. Die Partie war umkämpft und höchst intensiv, dabei jedoch zu keinem Zeitpunkt überhart oder gar unfair (,die bereits angesprochenen Blackouts ausgenommen). Wann hat man das zum letzten Mal beispielweise in einem Clasico gesehen.

Dies ist sicher auch ein Verdienst der beiden Trainer und ein Ausdruck des Respekts, den beide Teams und deren Spieler voreinander haben. Jede Seite erkennt das vom Anderen Geleistete an und versucht den Vergleich sportlich zu entscheiden. Das kann man nicht hoch genug bewerten, wenn man bedenkt, was in diesem Finale alles auf dem Spiel stand.

Beste Bayern waren für mich Neuer, Martinez und Boateng. Dazu Robben in Hälfte zwei. Boateng gewann fast alle seine Zweikämpfe und war Hauptverantwortlicher auf Seiten der Bayern dafür, dass Lewandowski bis auf zwei Situationen in der ersten Halbzeit praktisch nicht stattfand. (Mir ist schleierhaft, wie man die Leistung des Nationalspielers als ernsthaftes Sportsportal mit einer 4 bewerten kann. Erklären kann ich mir das nur mit grundlegenden Ressentiments gegen die Spielweise Boatengs.) An diesem Tag war er gegenüber Dante der deutlich bessere Innenverteidiger.

Es ist schwer Enttäuschungen zu benennen an diesem Tag. Ich lehne mich jedoch, so denke ich, nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich den Herren Lahm, Schweinsteiger und Müller nicht gerade ihren besten Tag attestiere.

Auch Mario Mandzukic wirkte trotz seines Tores lange Zeit wie ein Fremdkörper im Spiel der Bayern. Lahm fiel vor allem in der dominanten Dortmunder Anfangsphase durch eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Fehlpässen auf, die in zwei Fällen jeweils Großchancen des BVB ermöglichten.

Schweinsteiger war, ebenso wie Bender auf der anderen Seite, lange Zeit praktisch unsichtbar. Da ist es von Vorteil, dass wir mittlerweile noch einen defensiven Mittelfeldspieler von absoluter Weltklasse in unseren Reihen haben. Javi Martinez war es, der nach 25 Minuten begann, das Zepter im Mittelfeld an sich zu reissen.

Wenn der Spanier weiter solche Spiele abliefert, müssen sich nicht nur die Gegner der Bayern warm anziehen. Auch Xabi Alonso und Sergio Busquets dürften am Samstag eine unruhige Nacht gehabt haben, nachdem sie gesehen hatten, wie ihr Konkurrent in der Nationalmannschaft die Dortmunder Offensivspieler reihenweise abkochte.

Sicherlich ein Highlight, wie Martinez in der 36. Minute zuerst Marco Reus am eigenen Strafraum den Ball abluchste und anschließend von Reus und Kuba bedrängt, mit einem Hackentrick die beiden Dortmunder ins Leere laufen ließ. Dass Martinez dann mit einem Pass auf Schweinsteiger  auch noch einen vielversprechenden Konter einleitete, war das Sahnehäubchen der in Sekunden komprimiert präsentierten Genialität des Spaniers.

Manuel Neuer natürlich nicht zu vergessen! Während seine Kollegen eine gute halbe Stunde benötigten, um sich in dieses Finale hineinzuspielen, hatte Neuer bereits mit 37 verschiedenen Körperteilen den Rückstand verhindert. Ob per Fußreflex gegen Kuba, im Eins gegen Eins mit vollem Körpereinsatz gegen Lewandowski oder klassisch per Hand gegen Bender und Reus. Bezeichnend, dass ein Elfmeter herhalten musste, um den besten Torwart an diesem Abend zu überwinden.

Und dieser Titel war nicht leicht zu erringen, da auch sein Gegenüber, Roman Weidenfeller, mehrmals seine Klasse auf der Linie demonstrieren durfte.

Letztlich endete das Spiel, wie es sich Arjen Robben wohl seit einem Jahr jeden Abend vor dem Einschlafen herbeigeredet hatte. Der Mann für die großen Spiele entschied wieder einmal ein großes Spiel, vielleicht das größte überhaupt in seiner Karriere. Wie gegen Manchester, wie gegen Neapel 2010, aber eben auch wie gegen Borussia Dortmund und den FC Chelsea 2012 war es eine Aktion Robbens, die am Ende über Sieg oder Niederlage entschied.

Das Schicksal ist eben konsequent.



Sonntag, 5. Mai 2013

Stricz of Munich Podcast (5) - Alte Rivalitäten und kapitulierende Katalanen

0:01 Blödsinn 3:17 Intro/ Begrüßung 4:39 Recap Bundesligaspiel BVB - FC Bayern mit Exkursen nach Nürnberg und Madrid 25:35 Etwas hat sich verändert zwischen Bayern und Dortmund: CL-Finale, Götze-Transfer und die Folgen 59:00 Recap Barcelona - Bayern 73:35 Verabschiedung 74:45 Blödsinn

Sonntag, 28. April 2013

Stricz of Munich Podcast (4) - Steuersünder, Maulwürfe und Genies...und Schnabeltassen

0:01 Begrüßung, Agenda 2:30 Uli Hoeneß und der Fiskus 23:43 Mario Götze und die Medien 42:26 Die Bayern-Gala gegen den FC Barcelona 55:40 Verabschiedung und Gewinnspiel

Dienstag, 23. April 2013

Das beste Spiel dieses Jahrtausends. Danke.

1.11 Uhr München, Haidhausen. Im Hintergrund spricht Franz Beckenbauer über die Überlegenheit des FC Bayern in der ersten Halbzeit. Die Tabs auf meinem Desktop tragen bereits Titel wie "Pressing at its best", "Javi Martinez  the key weapon..." oder "Wir sind Helden".

Ich lächele unwillkürlich bei dem Blick auf jede einzelne Schlagzeile nach diesem Abend.

Im Moment läuft auf Sky die Wiederholung des Halbfinal-Hinspiels zwischen dem FC Bayern und dem FC Barcelona. Das Aufeinandertreffen der vielleicht beiden besten Vereine der letzten Jahre. Entschieden ist das Duell dagegen längst.

Marcel Reif beginnt jetzt, zu Beginn der zweiten Halbzeit, die Ausführungen zu den ersten 45 Minuten. In meinem Kopf sind die Gedanken noch immer dabei sich zu sortieren. Was ist da heute passiert und was bedeutet es?

Mitten hinein platzt mein Bruder. Er will anstoßen mit den Worten "auf einen tollen letzten Abend in München". Ich lächle ihn an und bringe verbal nur wenig Sinnvolles zu Stande.

Es liegt nicht an mir. Worte fehlen mir selten. Es liegt an den Ereignissen des Abends. Es liegt an dem, was der FC Bayern heute Abend vollbracht hat.

Während ich noch nach Ausdrücken für das Geschehene suche, erzielt Mario Gomez zum zweiten Mal an diesem Abend das 2:0 für die Münchener. Ausgerechnet dieser Gomez!

Was wurde nicht alles über ihn geschrieben. Chelsea soll ein Angebot abgegeben haben. Technisch limitiert, nicht gut genug soll er sein. Aber heute trifft er. Mal wieder.

An diesem Abend ist alles egal: Hoeneß, Götze und was sonst noch so passiert ist in den letzten turbulenten Tagen. Die Mannschaft schafft es all das abzuschütteln.

Sie schafft es, gegen die über Jahre beste Mannschaft der Welt eine Leistung hinzulegen, über die noch in Jahren gesprochen werden wird.

Sie schafft das Unmögliche. Sie schafft die Bewältigung des 0:4 in Barcelona 2009.

Sie schafft aber noch mehr.

Barcelona ist nicht mehr die beste Mannschadt des Kontinents, nicht mehr die beste Mannschaft der Welt.

Und all das schaffte der FC Bayern in nur 90 Minuten.

Ich sehe diese 90 Minuten nun zum zweiten Mal. einige Szenen vielleicht sogar zum zehnten oder zwanzigsten Mal. Ich beobachte mit meinem Bruder die Laufwege von Javi Martinez (Was für ein Monsterspiel des Spaniers!!!) , analysiere anhand des Standbilds beim 2:0, ob Gomez wirklich im Abseits stand. (Möglich.)

Und das Schöne daran ist: Es spielt alles keine Rolle. Abseits beim 2:0, Foul von Müller beim 3:0 (Ich finde: Absolut nicht!), es spielt keine Rolle mehr.

Nichts kann dem FC Bayern diese Sternstunde nehmen.

Erneut schießen Tränen in meine Augen, wie schon des Öfteren heute Abend. Ich verstehe als rationaler Mensch nicht wirklich warum. Aber da sind sie.

Ich fühle mit dieser Mannschaft. Ich fühlte den Schmerz im vergangenen Mai, nur wenige Kilometer von der Allianz Arena entfernt. Ich fühlte sogar einen noch größeren Schmerz bei den Nachrichten der letzten Wochen.

Es hätte eine schlimme Woche werden können für den FC Bayern.

Und jetzt,....jetzt fühle ich einen Stolz, einen unbändigen Stolz und eine Zuversicht, wie ich sie noch niemals in meiner langen Zeit als Bayernfan gespürt habe.

Müller prallt mit Victor Valdez zusammen.Sky blendet die Statistik ein: Laufstrecke. Meist unbeachtet. Aber heute ist alles anders: 98,4 km für die Bayern, 93,7 für Barcelona. Sonst Makulatur, für mich heute ein Zeichen, wie eigentlich alles.

Dieses Jahr gehört uns, diese Mannschaft ist etwas Besonderes. Sie ist gewachsen in der Niederlage, zusammengeschweißt worden, durch all die Unwegbarkeiten und Rückschläge der letzten Jahre. Durch die Dominanz der Borussen, durch die Dramaturgie des "Finals Dahoam".

Ich trinke den letzten Schluck meines Biers. Es ist inzwischen 2.35 Uhr und es steht wieder 4:0. Arjen Robben grätscht in der 86. Minute am eigenen Sechzehner gegen Jordi Alba. Ich genieße.

Genieße.

Und denke jetzt nur noch Eines: Bitte, bitte, lieber Herr Guardiola, bei aller Euphorie um Götze, lassen sie keinen einzigen dieser unglaublichen Menschen den Verein verlassen!

Und wieder habe ich eine Träne in meinem Auge.

Es ist jetzt 3.05 Uhr, an Schlaf ist nicht zu denken. Aber träumen tu ich schon lange. Danke!


Michael Stricz

Mario Götze - Nuff' Said

Ich bin immer noch ein wenig sprachlos. Der FC Bayern hat den wohl vielversprechendsten deutschen Nachwuchsspieler verpflichtet. Mario Götze wechselt zur kommenden Saison vom Rivalen Borussia Dortmund nach München und hat bereits einen langfristigen Vertrag unterschrieben.

Die Nachricht kommt zu einem Zeitpunkt, der für den FC Bayern kaum günstiger, für den BVB jedoch schlechter kaum sein könnte. Jürgen Klopp zeigte sich auf der Pressekonferenz vor dem Spiel in der Tat wenig begeistert.

Zeitpunkt schlecht für den BVB, furchtbar für Götze

Für die Bayern dagegen liefert die geplatzte Transferbombe die angenehme Chance von der bedauerlichen Schlammschlacht um die Steuerprobleme von Präsident Uli Hoeneß abzulenken. Aber stecken wirklich die Bayern hinter der Meldung? Haben sie die Veröffentlichung sogar möglicherweise lanciert, um den BVB zu schwächen?

Ich glaube es nicht. Fan-Paranoia lässt grüßen.

Schließlich schadet Mario Götze der Zeitpunkt der Veröffentlichung wesentlich mehr als dem BVB. Auch Jürgen Klopp schloss aus, dass der FC Bayern hinter der Veröffentlichung der Meldung steckt.

Nutznießer Real Madrid, nicht FC Bayern

Viel mehr nützt Real Madrid der Rummel um den möglicherweise besten Spieler des Gegners. Man wird es wohl nie erfahren. Klopp und Watzke machten jedoch beide deutlich aus welcher Ecke sie die Störfeuer vermuten.

Die Reaktionen auf Facebook legen nahe, dass es für Götze möglicherweise kein leichter Gang wird. Zugegeben die Kommentierer repräsentieren eher den Bodensatz der BVB-Fans.

Klopps Appell an die Fans des BVB

Trotzdem sah sich Jürgen Klopp genötigt an die Fans zu appellieren. Er tat dies auf bemerkenswerte Weise. Er hob hervor, dass sich Götze absolut korrekt verhalten habe und zeigte auf, dass der Wechsel von Marco Reus zum BVB im Prinzip identisch ablief.

Auch interessant ist die Doppelmoral auf Seiten der BVB-Fans: Als vergangene Woche der Wechsel von Felipe Santana zum FC Schalke kolportiert wurde, war ein Großteil der Fans recht gnädig mit dem Verteidiger.

Doppelmoral bei Santana

Bei Götze ist ein Wechsel zu einem großen Rivalen dann auf einmal Hochverrat. Ich zitiere mich selbst: "Doppelmoral ich hör dir tapsen."

Man kann nur hoffen, dass die entsprechenden Personen Klopps Aufruf folgen und ihre Karte noch vor dem morgigen Spiel an den reflektierteren und loyaleren Teil der BVB-Fans abtreten.

Götze war Guardiolas Wunschspieler

Laut Klopps Aussagen war Götze der absolute Wunschspieler von Pep Guardiola. Damit sind auch sämtliche  - aus meiner Sicht wenig intelligente - Spekulationen um monetäre Grundlagen für den Wechsel aus Sicht Götzes erledigt.

Sky-Kommentator Uli Köhler traf den Nagel auf den Kopf: Ob ein Mario Götze in den nächsten 15 Jahren 80 oder 90 Millionen Euro verdient, macht für ihn keinen Unterschied.

Ebenso erledigt hat sich mit Klopps deutlichen Aussagen hoffentlich die leidige Diskussion um die Praxis der Bayern, Konkurrenten gerne "kaputt zu kaufen".

Bayern leistet sich ein 37-Millionen-Schnäppchen  

Für den FC Bayern macht der Transfer auch abseits von Guardiola absolut Sinn. Man verfolgt weiter konsequent den Plan, sich in der Breite und in der Spitze qualitativ zu verstärken. Götze passt dazu perfekt in das von Matthias Sammer formulierte Credo, verstärkt auf  junge deutsche Nationalspieler zu setzen.

Für eine feste Ablösesumme von 37 Millionen ist Götze zudem ein absolutes Schnäppchen. Sein Marktwert liegt bei über 40 Millionen Euro, jeder Topverein in Europa hat sich angeblich bereits um die Dienste des Rohdiamanten bemüht.

Wir spielen immer noch Fußball

Stammtischparolen-Brüller wird das freilich nicht von ihrer vorgefertigten Meinung abbringen. Ich bezweifele jedoch auch, dass sie bis hierhin gelesen haben.

Ach ja, Fußball gespielt wird diese Woche auch noch. Selten rückte ein Spiel gegen den FC Barcelona derartig in den Hintergrund.

Spätestens heute Abend um 20.45 zählt jedoch nur noch das Geschehen auf dem Platz. Und darauf freue ich mich mindestens so sehr wie auf Mario Götze.


Michael Stricz

Mittwoch, 17. April 2013

Finale! Eine große Mannschaft mit kleinen Rädchen

War das wieder schön, was der FC Bayern gestern gegen den VfL Wolfsburg auf das Parkett gezaubert hat.

Zugegeben, die erste Halbzeit war mitunter etwas holprig, aber darüber sehe ich im Nachgang mit Blick auf das Ergebnis und auf die kommende Aufgabe in der Champions League gerne hinweg.

Letztlich endete das Spiel so, wie Spiele in letzter Zeit in der Allianz Arena enden: Mit einer Machtdemonstration des FC Bayern. 6:1 hieß es am Ende. Die Bayern stehen damit zum vierten Mal in den letzten sechs Jahren im Finale des DFB-Pokals.

Aber dieses Spiel hatte mehr zu bieten, als diesen "bloßen" Kantersieg: Es zeigte, welchen Unterschied es derzeit zwischen einem Verein, wie dem VfL Wolfsburg und den Bayern 2012/13 gibt: Nicht nur spielerisch greift beim Rekordmeister ein Rädchen ins andere.

Das Mannschaftsgefüge scheint derzeit so intakt zu sein, wie ich es in meiner Zeit als Bayernfan noch nie erlebt habe. Schon bei dem Sieg gegen Hamburg war dies zu erkennen und es setzte sich gegen Wolfsburg fort.

Es reicht ein Blick in die Gesichter dieser Mannschaft bei jedem Torjubel, um zu erkennen, dass dort etwas Großes heranwächst oder sogar schon gewachsen ist.

Auch dieses Spiel schrieb wieder einige Geschichten: Für die größte sorgte der Kleinste auf dem Platz: Xherdan Shaqiri. Die Freude, die die Dynamik, die Spielfreude und der unbändige Wille von Shaqiri verbreitet, ist einfach unbeschreiblich.

Ich gestehe, ich war skeptisch, ob ihm der Sprung von der Schweiz in die Fußball-Hauptstadt Deutschlands gelingen würde. Seit gestern sind diese Zweifel aber endgültig weggewischt.

Ein Tor und zwei Vorlagen standen am Ende auf dem Konto des Schweizers und dazu die Erkennntnis, dass wir einen Spieler haben, der an guten Tagen auch einen Ausfall von Frank Ribery kompensieren kann. Ein wichtiger Baustein für die Zukunft des Vereins.

Auch ein Javi Martinez zeigte im Privatduell mit Wolfsburgs Diego, wohl auch motiviert durch seine Erfahrungen des letztjährigen Europa-League-Finals, eine tadellose Leistung. Man sieht Martinez in jeder Sekunde an, dass er sich in München pudelwohl fühlt.

Arjen Robben befindet sich derzeit ebenfalls in Topform. Und wer weiß, vielleicht erlebt der 29-Jährige ja noch eine kleine persönliche Fußballrenaissance. Tor und Vorlage gegen Wolfsburg erledigte Robben gestern jedenfalls mit seinem ungeliebten rechten Fuß.

Die verrückteste Geschichte des Abends schrieb jedoch der Mann mit der Beton-Frisur: Mario Gomez kam rein, traf drei mal in sechs Minuten und verschwand anschließend wortlos aus dem Innenbereich des Stadions.

Gomez ist soetwas wie das Sinnbild für den Geist dieser Mannschaft. Wenn er gebraucht wird, ist er da und bringt seine Leistung. Er murrt nicht öffentlich, wenn er auf der Bank sitzt. Mandzukic bringt in dieser Saison starke Leistungen und das weiß Gomez. Er ordnet sich unter.

Das kann man einem Spieler wie Gomez nicht hoch genug anrechnen und ich kann nur hoffen, dass das im Verein registriert wird und man alles daran setzt Gomez über die Saison hinaus zu behalten.

Auch in seinen wenigen Einsatzminuten hat Gomez diese Saison bereits 13 Pflichtspieltore erzielt.

Das Publikum bewieß in dieser Situation ein tolles Gespür für den Innenzustand des eigenen Teams und skandierte "Super-Gomez! Super-Gomez!". Und wer Gomez kennt, der weiß, dass er solche Dinge nicht vergisst.


Michael Stricz



Dienstag, 9. April 2013

BVB im Halbfinale: Ein Favorit, der keiner sein kann

Der BVB ist auf spektakuläre Art und Weise und mit einem blauen Auge ins Halbfinale der UEFA Champions League eingezogen. Angesichts der katastrophalen spielerischen Leistung der Schwarzgelben, ist die Mannschaft ihre Stellung als Geheimfavorit jedoch erst einmal los - und das ist vielleicht ganz gut so, zumindest aus Sicht des BVB.

Borussia Dortmund präsentiert sich in dieser Saison international als Januskopf.

Glanzlichtern gegen die europäischen Fußballschwergewichte aus Madrid und Manchester und souveränen Siegen gegen Ajax Amsterdam folgte ein fahriges Spiel im Achtelfinale gegen Donezk, das an die internationalen Auftritte der letzten Jahre erinnerte. Im Rückspiel zeigte der BVB dann jedoch seine ganze Klasse.

Mit Malaga zog der BVB im Viertelfinale den nominell wohl schwächsten, wenngleich - da waren sich die Experten einig - einen unangenehm zu spielenden Gegner aus dem Lostopf.

Was sich im Hinspiel gegen Donezk zeitweise angedeutet hatte, setzte sich im Hinspiel gegen Malaga und insbesondere im Rückspiel fort: Dortmund agierte über weite Strecken nervös.

Das Defensiv- und Aufbauspiel der Borussen ohne ihren Leader und Lieblingsspieleröffner Mats Hummels ist mit dem Wort katastrophal noch wohlwollend umschrieben.

Aber wie ist das zu erklären? Natürlich, Malaga agierte mit seiner deutlich erfahreneren Mannschaft taktisch clever und setzte fast ausschließlich auf Konter.

Die Dortmunder sind auch allesamt das erste Mal in einem Halbfinale der Champions League, Nervosität scheint als Erklärung also durchaus herzuhalten.

Was jedoch verwundert, ist die Tatsache, dass sich diese Form des Lampenfiebers scheinbar nur in Spielen gegen die "Kleinen" (Ja, die gibt es durchaus noch.) zu manifestieren scheint.

Vieles deutet darauf hin, dass sich der BVB in seiner Rolle als Underdog wesentlich wohler fühlt, als in der des Favoriten.

Der Hunger sich mit den besten zu messen, weicht in Spielen gegen schlechter eingeschätzte Teams dem Druck, Erfolg haben zu müssen.

So gesehen ist die Borussia jetzt vermutlich zurück in der Wohlfühloase: Real Madrid, (vermutlich) Barcelona und (entweder Juventus Turin oder) der FC Bayern, gegen keines dieser Teams ist der BVB Favorit, schon garnicht nach dieser Leistung - und ist es vielleicht gerade deshalb doch wieder.

Von Taktikwechsel in der Schlussphase zu sprechen, erscheint auch etwas übertrieben. Letztlich machten lediglich die kopfballstarken Innenverteidiger, die die planlos nach vorne geschlagenen Bälle zu verwerten in der Lage waren, den Unterschied zwischen einem Fußballwunder und einer Blamage.

In Kategorien wie "verdient" oder "unverdient" zu sprechen, widerstrebt mir, deshalb schließe ich mit dem Fazit: Aufgrund der Leistung war dieser Halbfinaleinzug sicher unwahrscheinlich.

Aber als Bayernfan weiß man, dass letztlich nur der Briefkopf zählt.


Michael Stricz

Sonntag, 7. April 2013

Stricz of Munich Podcast (2) - Früher Meister und Gedächtnislücken



0:00 min: Begrüßung/ Intro
1:05 min: DEUTSCHER MEISTER! EKSTASE!
4:01 min: Frankfurt, Rotation und das Mysterium der 1b-Elf
10:15 min: Why you no like Mario Gomez?
16:08 min: Fairplay-Preis für Dante im Spiel um die goldene Ananas?
21:30 min: Juventus Turin - Das beste Saisonspiel?
31:18 min: Toni Kroos Verletzung - Fluch oder Segen?
35:40 min: Die Leistung von Mr. Clattenburg und der Aussetzer von Ribery
47:14 min: Ausblick Champions League Rückspiele
55:52 min: Verabschiedung

Sonntag, 31. März 2013

Stricz of Munich Podcast (1) - Tommi Müller und der Heiko Westermann des FC Malaga



Im ersten Podcast meiner Karriere begrüße ich die beiden Mitstreiter Andreas "@Kalmyck" und Philipp "@babaphil". Gemeinsam sprechen wir über das herausragende 9:2 des FC Bayern gegen den HSV und blicken gemeinsam auf das Highlight gegen Juventus Turin. 

Bitte lasst uns in den Kommentaren wissen, was ihr von dem Podcast haltet! Positives und negatives (konstruktives) Feedback ist gerne gesehen! Folgt uns auch gerne auf Twitter!

Michael "@msBlix" Stricz

PS. Hier gibt es das Ganze als mp3-Download.

Dienstag, 19. März 2013

London oder Leverkusen, Hauptsache Statistik

"Das Spiel gegen Arsenal London war von Seiten der Bayern besser, als das Spiel gegen Leverkusen." Diese Aussage brachte mir Unverständnis und beinahe Feindseligkeit vieler Mitmenschen und Fußballexperten ein. Deshalb habe ich mir die kleine Mühe gemacht und einen genaueren Blick auf einige relevante Statistiken aus den beiden Spielen geworfen. Auf dass die Scheuklappen der Ergebnisfetischisten gelüftet werden:





Was sehen wir hier? Bayern gegen Arsenal (23) mit mehr Torversuchen als gegen Leverkusen (15), dazu mehr als doppelt so vielen Schüssen auf das Tor gegen Leverkusen (5, Arsenal 2), dazu ein Pfostentreffer. Das Eckenverhältnis ist nahezu gleich und korrespondiert zudem genau mit der Anzahl der geblockten Schüsse.
Gegen Leverkusen hatte Bayern die etwas bessere Passquote (84%, Arsenal 81%). Wie die Aufschlüsselung der Quote nach Defensive und Offensive zeigt, rührt dieser Unterschied alleine aus der verbesserten Passquote der Defensivakteure her. Das kann jedoch, wie später nochmals beschrieben, vor allem damit zusammenhängen, dass Arsenal aufgrund des Rückstandes aus dem Hinspiel auch in der Hälfte der Bayern mehr Druck auf die Abwehrreihe ausübte und so die Abwehr zu tendenziell eher schwereren Abspielen „zwang“. Leverkusen übte dagegen praktisch keinen Druck auf die Abwehr der Bayern in Ballbesitz aus.






Was sehen wir hier? Gegen Leverkusen fast dreimal so viele  (13) Torversuche zugelassen wie gegen Arsenal (5), die Engländer dagegen mit einer Torquote von 100% bei Schüssen aufs Tor. Bei den Ecken sogar noch eklatanter: Während gegen Arsenal die einzige Ecke für die Engländer kurz vor Schluss zum 0:2 führte, ließ man gegen Leverkusen ganze 15 Eckbälle zu, einer davon führte zum Ausgleich. Ansonsten waren die Eckbälle durchweg schwach.
Dagegen hatte Arsenal mehr Ballbesitz (45%) als Leverkusen gegen die Münchener (42%). Diese geringere Dominanz der Bayern in Form von Ballbesitz gegen Arsenal lässt sich allerdings relativ einfach anhand des Spielverlaufs erklären: Während Arsenal praktisch in Folge des Hinspiels die gesamte Spielzeit hinten lag und somit zu mehr Initiative aufgefordert war, lag Leverkusen nur zwischen der 37. Und der 74. Minute (also gerade einmal 37 Minuten) hinten und war ansonsten mit dem Punkt sichtbar zufrieden.




(Quelle für die Grafik: www.whoscored.com)


Was sehen wir hier? Der graphische Verlauf der beiden Spiele zeigt deutlich, dass Arsenal wesentlich aggressiver zu Werke ging, als die Leverkusener. 6 gelbe Karten gegenüber nur 2 für Leverkusen sprechen eine deutliche Sprache. Dazu fällt auf, dass es nach der frühen Führung für die Engländer bis zur 53. Minute dauerte, ehe ein weiterer Torversuch für die Gunners notiert wurde. In dieser Zeit verbuchten die Bayern 11 Torversuche, fast so viele wie im gesamten Spiel gegen Leverkusen (15). Auch nach dem Treffer zum 2:0 kurz vor Schluss, stand für Arsenal in der restlichen Spielzeit kein Torabschluss zu Buche. Leverkusen war dem 2:1 dank zweier Torversuche deutlich näher als es die Bayern waren, bevor der Siegtreffer für den FC Bayern fiel.


Fazit: Der Großteil der statistischen Werte lassen bei Ausblendung des Ergebnisses durchaus den berechtigten Verdacht zu, dass der FC Bayern gegen Arsenal London, trotz der 0:2-Niederlage, das bessere Spiel gezeigt hat. Die Wahrnehmung beider Partien in der Öffentlichkeit ist jedoch bis auf wenige Ausnahmen anderer Ansicht und es zeigt sich wieder einmal, dass der alleinige Blick auf das Ergebnis nicht ausreicht, um die Leistung einer Mannschaft zu beurteilen.


Michael Stricz

Donnerstag, 14. März 2013

Sklaven des Ergebnisses

Das Wichtigste vorneweg: Der FC Bayern hat dank der mehr erzielten Auswärtstore trotz einer Niederlage gegen Arsenal London das Viertelfinale der Champions League erreicht. Beim Blick auf das Tableau geriet der Einzug am Ende weniger souverän als gemeinhin erwartet. Und trotzdem: Die Bewertung dieses Spiels bei Fans und Medien ist an Unreflektiertheit einmal mehr kaum zu überbieten.

Ein wilder Sturmlauf war von den Engländern in Person von Arsene Wenger angekündigt worden, letztlich war es nur ein Sturm im Wasserglas: Ganze zwei Schüsse auf das Tor von Manuel Neuer standen am Ende zu Buche. Klar, beides waren Tore, aber klammert man das Kopfballtor nach einer Ecke kurz vor Schluss einmal aus, ließ der FC Bayern lediglich einen qualitativ hochwertigen Abschluss der Gunners zu.

Kein Sturmlauf von Arsenal

Über die gesamte Spieldauer sahen die Zuschauer in der Allianz Arena das, woran sie sich in dieser Saison gewöhnt haben: Einen dominant und ballbesitzorientiert auftretenden FC Bayern, bei dem sich Toni Kroos in Abwesenheit von Bastian Schweinsteiger mit 87 Ballkontakten und sechs Torabschlüssen - mehr als Arsenal insgesamt (5) - zur dominanten Figur im Spiel des FC Bayern machte.

Auch Arsenal ließ wenige hochkarätige Torabschlüsse zu. Die beste Gelegenheit für den FC Bayern vergab Arjen Robben Mitte der zweiten Hälfte, als er freistehend vor Fabianski mit einem Pickenschuss auf das kurze Eck scheiterte. Auch ansonsten war Robben ein Aktivposten in der Offensive, ebenso wie Thomas Müller auf der anderen Seite.

Lahm auf Abwegen beim 0:1

Dem Duo Javi Martinez und Luiz Gustavo merkte man die fehlende gemeinsame Spielpraxis in mancher Situation an, so zum Beispiel vor dem 0:1, wo durch einen schnellen Vertikalpass von Tomas Rosicky beide defensiven Mittelfeldspieler überspielt wurden. Martinez fehlt den Bayern aufgrund einer Gelbsperre zudem im ersten Spiel des Viertelfinales.

Über die Rolle von Philipp Lahm wurde in den letzten Wochen ebenfalls viel geschrieben, seine gestiegene Anzahl an Torvorlagen und Offensivaktionen wurde gelobt. Beim 0:1 war es jedoch der Kapitän, der durch sein Herausrücken aus der Viererkette die vier gegen drei Überzahlsituation für Arsenal herbeiführte, die am Ende auch durch eine bessere Standfestigkeit von David Alaba nicht mehr zu verhindern gewesen wäre.

Bayern-Gala war nicht zu erwarten

Ansonsten hatte Arsenal nicht viel anzubieten, das den Eindruck vermittelt hätte, dass sie selbst an das "Wunder von München" (Boulevard ist so einfach, nicht?) glaubten. Kurz vor Schluss erzielte Laurent Koscielny dann überraschend das 2:0 nach einer Ecke und sorgte dafür, dass heute überall von der Krise des FC Bayern zu lesen ist.

Diese Einschätzung verkennt jedoch, dass Arsenal nach dem 2:0 kein einziges Mal auch nur in die Nähe des Bayerntores kam. Sie zeigt auch, wie unrealistisch die Herangehensweise von Presse und Fans an dieses Spiel teilweise war.

Das 3:1 in London war am Ende nicht so gut, wie es gemacht wurde, mit einer Gala war schon deshalb nicht zu rechnen. Bis auf das Ergebnis stimmte in vielen der letzten Spiele ohnehin nicht viel, sodass Uli Hoeneß nach dem Spiel zu Recht den Finger in die Wunde legte.

Vom Versager zum Favoriten in Rekordzeit

Manchmal wäre allen geholfen, wenn man den Worten von Jupp Heynckes etwas mehr Gehör schenken würde. Der hatte schon vor dem Spiel immer wieder betont, dass es sich bei Arsenal keinesfalls um Laufkundschaft handelt.

In der Champions League entscheiden eben Kleinigkeiten über Weiterkommen oder Ausscheiden, weshalb wir auch alle vor zwei Wochen über die Gala der Bayern und die Krise von Barcelona gesprochen haben und heute alle über die Gala der Katalanen und die Krise der Bayern sprechen.


Michael Stricz