Sonntag, 12. Februar 2012

Warum Luis Suarez ein dummer Junge und Patrice Evra eine Petze ist.

Es wurde viel Fußball gespielt an diesem Wochenende und doch war es eine Szene, die mit Fußball an sich nichts zu tun hatte, welche die Schlagzeilen beherrschte. Es geht um den verweigerten Handschlag zwischen Patrice Evra und Luis Suarez.
Für diejenigen, die das Ganze nicht mitbekommen haben, hier die Szene des Anstoßes:


Bevor ich jetzt kurz meine Gedanken zu der ganzen Situation darlege, eine grundsätzliche Sache, die ich mich genötigt sehe, bei dieser heiklen Thematik im Vorfeld klarzustellen: Ich heiße in keinster Weise gut, was Luis Suarez an diesem Wochenende getan hat und ich sympathisiere in keinster Weise mit Spielern, die sich während oder im Vorfeld eines sportlichen Wettkampfes, seien es Profis oder Amateure, derartig unsportlich verhalten.


Aber nun der Reihe nach. Im Oktober vergangenen Jahres hatte Suarez seinen dunkelhäutigen Gegenspieler Patrice Evra auf dem Spielfeld wiederholt als „Negro“ beschimpft. Evra meldete dies dem englischen Fußballverband, welcher Suarez‘ Schuld, nach eingängiger Studie des Videomaterials, als erwiesen ansah und ihn für acht Spiele sperrte. Die Länge der Sperre ist dabei vor allem darauf zurückzuführen, dass die FA sich genötigt sah einen Präzedenzfall in Sachen Rassismus zu schaffen. Das Strafmaß ist also vor allem darauf zurückzuführen, dass ein dunkelhäutiger Spieler mit einer rassistischen Äußerung verunglimpft wurde.
Hier fängt jedoch jetzt für mich das Fundamentale Problem an. Ich halte Luis Suarez nicht für einen Rassisten, sondern für einen dummen Jungen und für einen unfairen Fußballspieler, der sich sämtlicher Tricks bedient, um sich und seiner Mannschaft einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Weniger romantisch veranlagte Menschen bezeichnen solche Spieler auch gerne als clever oder abgewichst.


Ist es also richtig einen Spieler für eine Beleidigung derart lang zu sperren? Ich meine: Nein. Sage aber nochmal: Ich verurteile derartige Aktionen und will sie auf dem Spielfeld nicht sehen. Aber Suarez Rassismus zu unterstellen finde ich fast absurd. Es ging Suarez hier darum seinen Gegenspieler zu beleidigen, ihn aus der Ruhe zu bringen, ihn zu reizen. Hätte Suarez Evra als Hurensohn oder Arschloch beschimpft, hätte es keinen derartigen Aufschrei gegeben. Hätte Evra das gemeldet? Ich denke nicht. Beschimpfungen sind auf dem Sportplatz – sehen wir den Tatsachen ins Auge – leider Teil des Spiels. Wer sich davon überzeugen möchte, der schaue bei der nächsten Übertragung des Clasicos mal etwas genauer hin und zähle wie oft er die Worte „Hijo del Puto“ von den Lippen der Akteure ablesen kann. Würde hier jemand auf die Idee kommen sich nach dem Spiel darüber zu beschweren? Ich denke nicht. Die Spieler sagen das auch nicht, weil sie wirklich glauben, dass die Mutter des Gegenspielers eine Hure ist. Man wählt eben einfach die Worte, die den Gegenspieler am meisten reizen. Das Beste was man also tun kann ist es einfach zu ignorieren.


Und damit kommen wir zum nächsten Punkt. Patrice Evra meldet diesen Vorfall nun also der FA und bringt damit die ganze Sache erst ins Rollen. Auch hier muss ich mich fragen: Muss das sein? Was wäre passiert, wenn Evra nicht „gepetzt“ hätte? Richtig. Garnichts. Fußball ist immer noch ein Männersport und es gilt als ungeschriebenes Gesetz, dass Dinge, die auf dem Platz passieren, auch auf dem Platz geregelt werden. Männer machen das so. Welcher Hautfarbe sie auch immer sein mögen. Evra hätte sich also auf dem Platz revanchieren können, hätte Suarez seinerseits beschimpfen können. Was ich genauso unsportlich finde. Er hätte Suarez bei nächster Gelegenheit fair oder unfair von den Beinen holen können. Was ich ebenso unsportlich finde, aber, falls er sich wirklich beleidigt fühlen sollte, in der Hitze des Gefechts emotional vertretbar finde. Oder – und das ist die mit Abstand beste Lösung von allen – er hätte diesen dummen kleinen Bengel einfach ignorieren können. (Wie mein Vater oft so schön sagt: Was juckt es eine deutsche Eiche, wenn sich eine Wildsau an ihr reibt.) Er hätte Suarez auch nach dem Spiel zur Rede stellen können, aber Evra entschied sich für die Möglichkeit zur FA zu rennen. Das mag vielleicht für Außenstehende wie die vernünftigste Lösung erscheinen, für mich bleibt es Petzen. Evra meldet den Vorfall nämlich nicht, weil er sich wirklich gekränkt fühlt oder weil er sich zurück in die Zeit der Versklavung seiner Vorfahren versetzt fühlt, sondern aus genau demselben Grund wie Suarez: Er will den Gegner schwächen, ihm eine Auswischen. Und dafür die Racecard zu spielen ist heutzutage einfach so wunderbar in Mode.


Soviel zum Verhalten der beiden Akteure. Was mich an der Sache ebenfalls stört ist die grenzenlose Naivität mancher, die allen Ernstes der Argumentation von Suarez folgen und ihm glauben, dass das von ihm benutzte Wort angeblich keinerlei rassistische Konnotation besitzt und er Evra damit nicht beleidigen wollte. Seriously guys? Natürlich wusste Suarez genau was er da sagt und auch was er damit erreichen wollte. Vielleicht war er sich der Tragweite seiner Aktion nicht bewusst, das gestehe ich ihm ohne weiteres zu. Aber er wusste in diesem Moment genau was er tut.


Genau dasselbe gilt auch für den verweigerten Handschlag. Die wildesten Theorien gab es zu lesen in Foren und Kommentarsektionen. „Er wurde zu Unrecht gesperrt, deswegen war er sauer.“ „Er ist ein Rassist und will einem Schwarzen nicht die Hand geben“ Das einzige was Suarez hier will ist Evra weiter zu provozieren. Das ist dumm und unsportlich, sogar in höchstem Maße, aber mehr gibt es dann eben auch nicht hinein zu interpretieren.
Den verweigerten Handschlag finde ich persönlich die wesentlich schlimmere Tat. Leider wird er dafür nicht bestraft werden, weil es genau vor den Augen des Schiedsrichters geschah und nicht geahndet wurde. Dass er unbelehrbar ist hat Suarez damit aber eindrucksvoll unter Beweis gestellt.


Warum wird das Thema also medial derart aufgebauscht? Vielleicht liegt es daran, dass es wenige Tage vor dem Fall zwischen Evra und Suarez zu einer weiteren rassistischen (aber meiner Meinung nach ebenfalls nicht rassistisch motivierten) Beleidigung kam: John Terry, seines Zeichens Kapitän der englischen Nationalmannschaft, hatte seinen farbigen Gegenspieler Anton Ferdinand ebenfalls während einem Spiel beleidigt. Ich finde es absolut richtig, dass man Terry – sollte er schuldig sein – für diese Aktion vom Amt des Kapitäns entbindet. Aber auch hier gilt: Nicht, weil ich glaube, dass er ein Rassist ist, sondern weil jemand, der sich derart unsportlich verhält meiner Meinung nach nicht als Kapitän tragbar ist. Diese Entscheidung hat jedoch der Trainer zu treffen und nicht der Verband.


Wie dem auch sei, Vorbilder ihrer Generation werden die beiden sicher nicht mehr. Aber sie sind in meinen Augen keine Rassisten, sondern einfach nur dumme Jungs, die nicht wissen was Fairplay heißt.


PS. Übrigens nicht auszumalen was passiert, wenn in Deutschland jemand seinen Gegenspieler als Judennase bezeichnet…