Samstag, 2. November 2013

Bayern in Hoffenheim: Erst Kroos bringt die Dominanz

Das das Spiel heute wirklich aus taktischer Sicht hochinteressant war und ich bereits seit einiger Zeit nichts mehr hier verschriftlicht habe, gibt es heute einmal eine sehr taktiklastige Analyse des Spiels gegen 1899 (– in der Hoffnung, dass Erik Meijer das liest).

Anhand der Statistiken beider Teams war von den Zuschauern ein torreiches Spiel erwartet worden. Hoffenheim war immerhin vor dem Spieltag die Mannschaft mit den meisten geschossenen (24) und kassierten Toren (24), die Bayern dagegen in den letzten Wochen nicht immer sattelfest und anfällig für konterstarke Mannschaften wie 1899. 

Dass es letztlich nicht zu einer großen Zahl an Chancen kam, war der interessanten taktischen Herangehensweise der Hoffenheimer und einigen Rochaden (zuviel) im Bayernspiel zuzuschreiben.

Unterschiedliche Pressingansätze

Schon zu Beginn waren die unterschiedlichen Pressingansätze beider Teams zu erkennen. Hoffenheim ließ den Bayern viel Raum beim Aufbau über die beiden Innenverteidiger Dante und Boateng, die je nach Situation relativ nah zueinander standen oder weiter auseinanderrückten, um Martinez Platz zu gewähren. 

Modeste bildete erst auf Höhe der Mittellinie die Keilspitze der Hoffenheimer Defensive, die sich vorrangig darauf konzentrierte, zentrale Anspiele in den Raum ca. 30 Meter vor dem eigenen Tor zu verhindern. Dies gelang lange Zeit sehr gut.
 
Wirklich intensives Pressing bis zu Neuer führten die Gastgeber nur situativ und sporadisch aus, wenn sich der ballführende Bayernspieler mit dem Gesicht zum eigenen Tor befand. Durch die ballsicheren Bayern blieben jedoch auch diese Situation meist ertraglos aus Sicht von Gisdols Team. Lediglich kurz vor der Pause entstanden so einige wenige Ballgewinne.

Bayern presste dagegen schon früh in des Gegners Hälfte, was besonders in der ersten halben Stunde zu zahlreichen langen Bällen und folgend Ballverlusten der Hoffenheimer führte. Spielmacher Firmino war besonders in der ersten Halbzeit dadurch völlig vom Spiel abgeschnitten und die meist Modeste suchenden langen Anspiele blieben unpräzise. Gerade Mandzukic verrichtete in diesen Situationen viel Laufarbeit und erzwang einige Rückpässe in Richtung Casteels, der selten durch präzise Zuspiele glänzte.

Hoffenheim zwingt Bayern nach außen

Durch die gute Raumaufteilung und Staffelung der Hoffenheimer im zentralen Mittelfeld blieb den Bayern häufig nur der Weg über die Außenspieler – was in dieser Saison bisher durchaus ungewöhnlich war und ein wenig an die Herangehensweise des BVB in den letzten Duellen gegen die Münchener erinnerte. Nach außen treiben, isolieren und dann schnell kontern.

Durch dieses gute Stellungsspiel der Hoffenheimer erwies sich auch Guardiolas Reaktion auf die Abwesenheit von Kroos zunächst als wirkungslos. Ribery rückte gerade in der ersten Halbzeit sehr häufig weit in die Mitte ein und sollte vermutlich gemeinsam mit Götze die ballsichere Zentrale vor dem eher defensiven Martinez bilden.

Schweinsteiger wich dadurch häufig auf die linke Außenbahn aus, wo er sich am Aufbauspiel beteiligte. Alaba gab dagegen einen sehr offensiven Außenverteidiger und übernahm praktisch die Rolle von Ribery mit. 

Ebenso variabel präsentierten sich die beiden anderen Offensivakteure Müller und Mandzukic. Der Kroate wich häufig auf einen der Flügel aus und versuchte verstärkt am Kombinationsspiel zu partizipieren, wobei seine Flanken aber in der Mitte nur selten ihr Ziel fanden.

Schlechte Abstimmung der Laufwege

Generell waren die häufigen Missverständnisse und die teils schlechte Abstimmung der Laufwege im Bayernspiel auffällig. Besonders Müller und Mandzukic wählten einige Male denselben Laufweg. Auch  Schweinsteiger wurde bei seinem Schussversuch von Mandzukic behindert. 

Zwar kamen die Bayern einige Male an die Grundlinie, so etwa Lahm (15.) oder Alaba (19.), fanden aber dann keine Anspielstation, weil eben die Laufwege der Mitspieler schlecht getimed waren. Lücken fanden die Bayern vor allem immer wieder in der Schnittstelle zwischen den beiden Innerverteidigern und den Außenverteidigern.

Hoffenheimer schaffte es überraschend ohne wirklich harte Zweikampfführung, die Bayern aus der gefährlichen Zone fernzuhalten. Ausnahme war das gelbwürdige Einsteigen von Abraham gegen Ribery (24.), in dessen Folge Martinez das 1:0 auf dem Oberschenkel hatte (24.).

Götze & Schweinsteiger kaum Faktoren

Ein Grund dafür war sicherlich, dass sowohl Schweinsteiger als auch Götze lange Zeit kaum Faktoren waren und Martinez durch das gute Anlaufen von Modeste auch selten einen zentralen Pass in die Tiefe spielen konnte. Stattdessen zwang Hoffenheim die beiden Innenverteidiger mangels Anspielstationen mehrmals in riskante Dribblings, die jeweils in überhasteten Abspielen (Boateng) oder Ballverlusten (Dante) mündeten.

Torchancen waren also Mangelware, weswegen beide Treffer konsequenterweise aus Standards fielen. Dem 1:0 ging dabei ein klarer Patzer von Manuel Neuer voraus, der sich für die vermeintlich riskantere Variante entschied, den Ball zu fangen und ihn fallenließ (34.). 

Einer kurzen Phase der Münchener Verunsicherung, in der Hoffenheim durch Volland zweimal die Chance hatte, die Führung zu erhöhen (34.&36.), folgte der glückliche Ausgleich durch Mandzukic (39.).

In der hektischen Phase vor der Pause war es gleich mehrmals Martinez zu verdanken, der mit seiner außerordentlichen Zweikampfstärke einige Male vielversprechende Hoffenheimer Konter unterbinden konnte (40./42./44./47./61.), dass die Gastgeber aus der Unordnung im Bayernspiel kein weiteres Kapital schlugen. 

Der von Kommentator Roland Evers durchaus kritisch gesehene Spanier glänzte zwar offensiv nicht sonderlich, was sicher auch an Hoffenheims Ausrichtung lag, erwies sich aber als wertvoller Balancespieler und bester Zweikämpfer. Also genau das, was man von einem Sechser erwartet.

Mit Kroos kommt die Dominanz

Guardiola reagierte zur Pause mit einigen taktischen Umstellungen. Er forderte nun gut sichtbar ein Überspielen der ersten Mittelfeldreihe, wodurch die erste Pressingwelle der Hoffenheimer umgangen werden sollte. Zudem schickte er Ribery wieder auf den Flügel. Besonders diese Umstellung zeigte sofort Wirkung. 

Durch die Achse Ribery-Alaba gewann das Bayernspiel sofort an Dynamik. Müller hätte nach einer Ribery-Flanke bereits die Führung erzielen können (57.). Hoffenheim hatte seinerseits durch Volland kurz zuvor die große Chance auf die erneute Führung, als es Firmino einmal gelang, Martinez mit einem Tunnel zu überspielen (55.).

Der zweite und entscheidende Knackpunkt war dann die Einwechslung von Kroos für Mandzukic nach einer Stunde. Dadurch gewann Bayern nicht nur die Hoheit und Ballsicherheit in der Zentrale zurück, Kroos sorgte ebenso für die bis dato kaum verwendeten Spielverlagerungen, wodurch die Hoffenheimer weite Wege gehen mussten und zunehmend müde wirkten.

Dreieck Kroos-Ribery-Alaba glänzt

Besonders das Dreieck Ribery – Alaba – Kroos kreierte in der Schlussphase Chance um Chance (66./67.). Trotzdem musste erneut der Zufall, beziehungsweise zwei kurz aufeinanderfolgende Fehler der Hoffenheimer (in Person von Beck und dem ansonsten starken Süle) für Müllers Siegtreffer herhalten (75.). In der letzten Viertelstunde spielte Bayern seine technische Überlegenheit aus und hätte durch Müller noch ein Tor mehr erzielen müssen (86.).

Fazit: Ein taktisch interessantes Spiel, das von Seiten der Münchener erst nach der Hereinnahme von Kroos dominiert wurde. Hoffenheim mit einigen interessanten Pressingansätzen aber im Abschluss weitgehend harmlos. Bezeichnend, dass jeweils zwei der drei Tore durch Standards oder krasse individuelle Fehler begünstigt wurden.  

Bayern: Neuer (4,5) – Lahm (3), Boateng (3,5), Dante (3,5), Alaba (3) – Martinez (2,5), Schweinsteiger (3,5), Götze (4), Ribery (2,5), Müller (3,5) – Mandzukic (3,5) Eingewechselt: Kroos (2), Rafinha (-)