Dienstag, 13. Dezember 2011

Die Bayern in Stuttgart (oder: Arroganz muss man sich verdienen)

„Ich habe lange überlegt, ob ich überhaupt hier rauskommen soll oder ob ich überhaupt was sagen soll, aber ich bin der Meinung da sollte man schon mal Stellung zu nehmen…“

Mit diesen berühmten Worten leitete Stefan Effenberg einst in einer legendären Pressekonferenz die Abrechnung mit seinen Kritikern ein. Die Worte scheinen mir auch heute durchaus angemessen. Wieder geht es um Ungerechtigkeit, wieder geht es um verletzten Stolz und all die anderen kleinen Dinge, die einen so richtig auf die Palme bringen und dazu verleiten aus dem gefühlten Blogger-Vorruhestand zurückzukehren und wieder die Bühne des Fußballs zu betreten.

Was ist der Anlass dieser ausschweifenden Exposition? Nun ja, eigentlich nichts besonderes. Der FC Bayern hatte ein Derby – das gefühlte 15. in dieser Saison übrigens. Für unsere Gegner ist das natürlich immer das wichtigste Spiel der Saison. Denn wie die meisten anderen Mannschaften hat auch der VfB Stuttgart, in absehbarer Zeit, weder in Europa, noch auf nationaler Ebene Ambitionen, die ihm wichtigere Spiele als dieses Süd-Derby bescheren könnten.

Für die Münchener hingegen ist dies nur ein Spiel von vielen. Nur eines auf dem Weg zur Herbstmeisterschaft. So erklärt sich dann übrigens auch dieser erneut über weite Strecken erschreckend lustlose Auftritt der Münchener. Am Ende stand ein 2:1 Sieg, der wesentlich weniger souverän war, als er es hätte sein sollen. Und wesentlich weniger deutlich, als ich es mir gewünscht hätte. Nicht aus sportlichen Gründen. Nein. Rein persönlich motiviert. Denn wie der VfB sich an diesem Tag, Spieler, Trainer, Fans, Verantwortliche eingeschlossen, präsentiert hat, spottet jeder Beschreibung. Ein Verein, der sich seit jeher als mehr fühlt, als er eigentlich ist: Eine durchschnittliche und unbeständige Bundesligamannschaft mit einer guten Jugendarbeit.

Das Erschreckende ist jedoch nicht die Art und Weise, wie sich dieser Verein sieht, das Erschreckende daran ist, wie er dieses Selbstverständnis nach außen trägt. Auch an diesem Wochenende belegte der VfB wieder einmal eindrucksvoll, warum er in meiner Symphatieskala – und ich bin geborener Stuttgarter – ungefähr auf einem Niveau mit warmem Bier liegt – mit URIN!. Oder drücken wir es verständlicher aus: Bei Kaiserslautern gegen Stuttgart… (tief luftholen) bin ich ein Pfälzer (Yeah, I said that!). Woher kommt aber diese tiefe Abneigung gegen einen so unbedeutenden Verein?

Beginnen wir mit Fredi Bobic. Dieser menschgewordene Kotzreiz. Führt sich auf wie ein Wurstfabrikant und ist doch nur ein Würstchen in diesem Geschäft. Dass er sich in der Halbzeit hinstellt und sich über den Schiedsrichter echauffiert, werfe ich ihm nicht vor. Das passiert auch den Besten. Das passiert einem Uli Hoeneß, das passiert einem Alex Ferguson, einem Arsene Wenger regelmäßig, Jose Mourinho ist ein Meister darin.

Jetzt kommt aber der alles entscheidende Unterschied: Diese Menschen haben etwas erreicht, Herr Bobic. Deren fachliche Kompetenz steht völlig außer Frage. Sie sind – ich wiederhole mich da gerne – ebenso wie ihr Verein, eine unbedeutende Randnotiz in den Büchern des Fußballs. Ich heiße derlei Verhalten natürlich auch bei anderen in keiner Weise gut, aber ich vertrete die Ansicht, dass man sich Arroganz verdienen muss. Das haben sie noch lange nicht Herr Bobitch!

Auch der Sky-Reporter schien leicht verwunder ob der Aussagen Bobics in der Halbzeitpause. Er reichte ihm jedoch die Hand, er versuchte es zumindest, auch nach dem Spiel. Bobic ignorierte jedoch nicht nur die ihm gezeigten Bilder, sondern wiederholte auch nach dem Spiel beinahe exakt seine Aussagen. Wow.

Bruno Labbadia und der Rest der VfB Spieler bemühten sich nach Schlusspfiff dann auch eifrig den Eindruck zu erwecken, der Platzverweis in der 30. Minute sei der entscheidende Faktor in einem ansonsten ausgeglichenen Spiel gewesen. WAS BITTE?

Was ich gesehen habe: Gute Bayern bis zum 0-1. Sehr gute Bayern bis zum 1-1. Nach dem Platzverweis: Bis zur Pause ein defensiv disziplinierter VfB und lauffaule Bayern. Nach der Pause zunächst gute Bayern bis zum 2-1. Anschließend ein ausgeglichenes Spiel mit Chancen auf beiden Seiten und dazwischen viel Leerlauf. Aber ist ja klar. WÄRE der VfB zu elft gewesen. HOHOHOHOOOOAAAA da hätten sie uns natürlich Paroli geboten. WOW hätten die ein Spiel abgezogen.
Man könnte fast meinen hier wird versucht die Schuld für die Niederlage wieder einmal bei jemand anderem zu suchen. Aber wir sprechen ja hier vom VfB.

Aber ich will jetzt nicht länger auf dem VfB rumreiten. Aber vielleicht nur ein letzter Kommentar noch. Philipp Gebhart… ok, waaaay too easy.

Der wahre Schock kam dann allerdings erst am nächsten Tag, als mir ein Freund einen SPON-Artikel mit dem Titel „Schauspieler Robben, Meister der Schmerzen“ schickte. Unter anderem heißt es darin über das zweite Foul von Molinaro: ‎

"Wäre Robben aufgestanden, weil er allenfalls mit der Wucht eines Papierfliegers niedergestreckt worden war - Schiedsrichter Manuel Gräfe hätte ziemlich sicher weiterlaufen lassen. Kein Vorsatz, kein böses Foul. Freistoß, vielleicht nicht einmal das."

Und weiter: ‎"Doch andererseits hatte er [Molinaro] dabei erkennbar den Vorsatz, den Ball zu spielen - und dies auch getan."

Ok. Das musste ich erst einmal verdauen. So viele Dinge. Wenn ein Spieler im Eifer des Gefechts in so einer Szene reklamiert den Ball gespielt zu haben, kann ich das verstehen. Es spielt dabei keine Rolle, ob er es glaubt oder nicht. Selbstschutz – verständlich.
Wenn sich dann aber einer Sport(?)journalist einer renommierten Newsseite hinsetzt und einen solchen Artikel schreibt, SCHREIBEN DARF(!), muss ich mir um den Qualitätsjournalismus in Deutschland wohl mehr Sorgen machen als ich dachte.

Was mich allerdings so richtig wütend macht ist die Tatsache, dass versucht wird Arjen Robben hier zum Sündenbock zu machen, den Mann, der in seiner Karriere mit mehr Verletzungen zu kämpfen hatte, als die meisten anderen sich das wohl vorstellen können. Noch letzte Woche konnte man im TV eindrucksvoll beobachten, wie nahe ihm seine ständigen Verletzungen gehen, wie sehr er darunter leidet, derart anfällig zu sein. Diesen Spieler nun zu beschuldigen, als „Schauspieler“ zu titulieren, weil er zwei Mal innerhalb weniger Minuten rüde von hinten umgetreten wird, grenzt nicht nur an journalistischen Wahnsinn, sondern widert mich einfach an.


Genug gekotzt.


Danke übrigens Mario, dass wir heute nicht über deine vergebene Chance sprechen müssen. Danke, dass du uns mit zwei Toren mal wieder den Sieg beschert hast. Du hast dich entwickelt, du hast Demut gelernt. Vielleicht lernen das die anderen ja auch noch.