Donnerstag, 19. Mai 2011

Willkommen Don Jupp!

Seit letzter Woche laufen beim FC Bayern die Vorbereitungen auf die neue Saison auf Hochtouren. Während die Mannschaft noch einige letzte Freundschaftsspiele zum Ausklang der Saison absolvierte, zog es den neuen Trainer Jupp Heynckes bereits an die Säbenerstraße, um die Planungen für die Spielzeit 2011/2012 voranzutreiben. Grund genug einen genauen Blick auf den Mann zu werfen, der in der kommenden Saison beim FC Bayern das Zepter schwingen soll.


Der neue Trainer ist ein alter Bekannter, bereits von 1987 – 1991 und für die letzten fünf Spieltage der Saison 2008/2009 saß Don Jupp, wie er während seiner in Spanien und Portugal getauft wurde, auf der Bank des Rekordmeisters. Seit ihrer aktiven Spielzeit sind Bayernpräsident Uli Hoeneß und Heynckes in enger Freundschaft verbunden, sodass die Medien wohl auf eine Fehde zwischen Trainer und Vorstand, wie unter van Gaal, verzichten müssen. Jupp Heynckes ist einer der nicht viel Aufsehen um seine Person macht, im Gegensatz zum medienverliebten Lautsprecher van Gaal gilt Heynckes als sachlicher und fairer Gesprächspartner, der nur in Ausnahmen emotional wird und zum Osram wird. 


Während seiner aktiven Zeit war Heynckes einer der erfolgreichsten Stürmer aller Zeiten, mit 51 Treffern im Europapokal liegt er auf Platz fünf der ewigen Torschützenliste, in der Bundesliga war er 1974 und 1975 jeweils Torschützenkönig und erzielte insgesamt 168 Tore für Gladbach und Hannover 96. Seine Titelsammlung beinhaltet unter anderem vier Deutsche Meisterschaften (1971, 1975 – 1977), einen DFB-Pokal Sieg (1973), sowie den Weltmeistertitel 1974 und den Europameistertitel 1972 mit der deutschen Nationalmannschaft, auch wenn ihm hier die ganz große Anerkennung verwehrt blieb.

Noch während seiner aktiven Karriere absolvierte Heynckes die Ausbildung zum Fußball-Lehrer und übernahm 1979 als Nachfolger von Udo Lattek das Traineramt bei Borussia Mönchengladbach als damals jüngster Bundesligatrainer aller Zeiten. Bei seiner ersten Trainerstation blieb ihm ein Titel allerdings noch verwehrt. Dafür wechselte er 1987 – amüsanterweise wieder als Nachfolger von Udo Lattek – zum FC Bayern, wo er unter anderem zweimal Deutscher Meister (1989, 1990), sowie zweimal Vizemeister wurde. Nach einem miserablen Saisonstart wurde Heynckes schließlich am 8. Oktober 1991 von Uli Hoeneß entlassen, eine Entscheidung, die Hoeneß auch heute noch als „größten Fehler meiner Karriere“ bezeichnet. Unvergessen bleibt auch der Dauerzwist zwischen Hoeneß, Daum und Heynckes, weil Daum, damals Trainer des FC Köln, Heynckes aufs übelste beschimpft hatte.



Über die Zwischenstationen Athletic Bilbao, Eintracht Frankfurt, CD Teneriffa landete er schließlich bei Real Madrid, wo er mit dem Gewinn der Champions League den bis dato größten Erfolg seiner Trainerkarriere feierte. Trotzdem wurde sein Vertrag am Ende der Saison gekündigt, nach weiteren Stationen bei Benfica Lissabon und erneut Athletic Bilbao führte ihn sein Weg zurück nach Deutschland, genau genommen zum FC Schalke 04, bevor er 2006 zu seiner ersten Trainerstation Borussia Mönchengladbach zurückkehrte. Nach nur 215 Tagen trat Heynckes allerdings zurück, weil es Morddrohungen gegen ihn gegeben haben soll. Als Freund Uli Hoeneß ihn im April 2009 bat vier Spieltage vor Schluss das Traineramt des FC Bayern als Interimstrainer zu übernehmen, um die von Sunnyboy Klinsmann verkorkste Saison und die CL-Teilnahme zu retten, war Heynckes zur Stelle und erfüllte den Job mit Bravour. Im Juni 2009 trat Heynckes schließlich sein Amt als Trainer von Bayern 04 VizeLeverkusen an und stellte in seiner ersten Saison direkt einen neuen Bundesligarekord auf, als er mit der Werkself 24 Spieltage lang unbesiegt blieb, trotzdem reichte es am Ende der Saison nur zu Platz 4.


Heynckes gilt zwar als Freund der Spieler und als Kommunikator, aber auch als jemand, der sich nicht vor der Konfrontation mit seinen Stars scheut. Michael Ballack bekam das bei Leverkusen am eigenen Leib zu spüren. Auch in seiner Zeit bei Eintracht Frankfurt scheute sich Heynckes nicht davor die drei Leistungsträger Yeboah, Gaudino und Okocha nach schlechten Trainingsleistungen öffentlich zu kritisieren und anschließend sogar aus dem Kader zu streichen. Toni Kroos blühte unter Heynckes in Leverkusen auf, spielte seine mit Abstand beste Bundesligasaison und avancierte mit Treffern und Vorlagen trotz der großen Konkurrenz zu einem der Leistungsträger der Bayerelf. Bei den Münchenern ist ihm dieser Durchbruch, trotz der Stammplatzgarantie unter van Gaal, bisher nicht gelungen. Ein Vorteil von Heynckes ist, dass er mit den Strukturen und dem Spielermaterial in München bereits bestens vertraut ist und sich dank des guten Verhältnisses mit dem Vorstand voll auf seine Arbeit konzentrieren kann. In Leverkusen formte er aus einer Elf mit großem Offensivpotential in gerade einmal zwei Jahren ein stabiles Gebilde aus alten erfahrenen Spielern wie Sami Hypiä oder Michael Ballack und jungen Talenten wie Michael Kadlec, Sidney Sam oder Lars Bender zu schaffen. Arturo Vidal wurde unter Heynckes zu einem der besten Sechser der Liga.

Seine Aufgabe in München wird es vor allem sein die anfällige Defensive zu stabilisieren und ein funktionierendes Gesamtkonzept zu schaffen, in dem weder die Offensive noch die Abwehr ähnlich stiefmütterlich behandelt werden wie letzte Saison. Eine Frage ist jedoch ob der bereits 66-jährige Heynckes der richtige Mann für die gewünschte Kontinuität auf der Bayernbank ist, denn trotz seiner fachlichen Kenntnisse und seines guten Rufs scheint es mehr als fragwürdig, dass er derjenige sein kann, der beim FC Bayern eine neue Ära einläuten kann.