Dienstag, 23. April 2013

Das beste Spiel dieses Jahrtausends. Danke.

1.11 Uhr München, Haidhausen. Im Hintergrund spricht Franz Beckenbauer über die Überlegenheit des FC Bayern in der ersten Halbzeit. Die Tabs auf meinem Desktop tragen bereits Titel wie "Pressing at its best", "Javi Martinez  the key weapon..." oder "Wir sind Helden".

Ich lächele unwillkürlich bei dem Blick auf jede einzelne Schlagzeile nach diesem Abend.

Im Moment läuft auf Sky die Wiederholung des Halbfinal-Hinspiels zwischen dem FC Bayern und dem FC Barcelona. Das Aufeinandertreffen der vielleicht beiden besten Vereine der letzten Jahre. Entschieden ist das Duell dagegen längst.

Marcel Reif beginnt jetzt, zu Beginn der zweiten Halbzeit, die Ausführungen zu den ersten 45 Minuten. In meinem Kopf sind die Gedanken noch immer dabei sich zu sortieren. Was ist da heute passiert und was bedeutet es?

Mitten hinein platzt mein Bruder. Er will anstoßen mit den Worten "auf einen tollen letzten Abend in München". Ich lächle ihn an und bringe verbal nur wenig Sinnvolles zu Stande.

Es liegt nicht an mir. Worte fehlen mir selten. Es liegt an den Ereignissen des Abends. Es liegt an dem, was der FC Bayern heute Abend vollbracht hat.

Während ich noch nach Ausdrücken für das Geschehene suche, erzielt Mario Gomez zum zweiten Mal an diesem Abend das 2:0 für die Münchener. Ausgerechnet dieser Gomez!

Was wurde nicht alles über ihn geschrieben. Chelsea soll ein Angebot abgegeben haben. Technisch limitiert, nicht gut genug soll er sein. Aber heute trifft er. Mal wieder.

An diesem Abend ist alles egal: Hoeneß, Götze und was sonst noch so passiert ist in den letzten turbulenten Tagen. Die Mannschaft schafft es all das abzuschütteln.

Sie schafft es, gegen die über Jahre beste Mannschaft der Welt eine Leistung hinzulegen, über die noch in Jahren gesprochen werden wird.

Sie schafft das Unmögliche. Sie schafft die Bewältigung des 0:4 in Barcelona 2009.

Sie schafft aber noch mehr.

Barcelona ist nicht mehr die beste Mannschadt des Kontinents, nicht mehr die beste Mannschaft der Welt.

Und all das schaffte der FC Bayern in nur 90 Minuten.

Ich sehe diese 90 Minuten nun zum zweiten Mal. einige Szenen vielleicht sogar zum zehnten oder zwanzigsten Mal. Ich beobachte mit meinem Bruder die Laufwege von Javi Martinez (Was für ein Monsterspiel des Spaniers!!!) , analysiere anhand des Standbilds beim 2:0, ob Gomez wirklich im Abseits stand. (Möglich.)

Und das Schöne daran ist: Es spielt alles keine Rolle. Abseits beim 2:0, Foul von Müller beim 3:0 (Ich finde: Absolut nicht!), es spielt keine Rolle mehr.

Nichts kann dem FC Bayern diese Sternstunde nehmen.

Erneut schießen Tränen in meine Augen, wie schon des Öfteren heute Abend. Ich verstehe als rationaler Mensch nicht wirklich warum. Aber da sind sie.

Ich fühle mit dieser Mannschaft. Ich fühlte den Schmerz im vergangenen Mai, nur wenige Kilometer von der Allianz Arena entfernt. Ich fühlte sogar einen noch größeren Schmerz bei den Nachrichten der letzten Wochen.

Es hätte eine schlimme Woche werden können für den FC Bayern.

Und jetzt,....jetzt fühle ich einen Stolz, einen unbändigen Stolz und eine Zuversicht, wie ich sie noch niemals in meiner langen Zeit als Bayernfan gespürt habe.

Müller prallt mit Victor Valdez zusammen.Sky blendet die Statistik ein: Laufstrecke. Meist unbeachtet. Aber heute ist alles anders: 98,4 km für die Bayern, 93,7 für Barcelona. Sonst Makulatur, für mich heute ein Zeichen, wie eigentlich alles.

Dieses Jahr gehört uns, diese Mannschaft ist etwas Besonderes. Sie ist gewachsen in der Niederlage, zusammengeschweißt worden, durch all die Unwegbarkeiten und Rückschläge der letzten Jahre. Durch die Dominanz der Borussen, durch die Dramaturgie des "Finals Dahoam".

Ich trinke den letzten Schluck meines Biers. Es ist inzwischen 2.35 Uhr und es steht wieder 4:0. Arjen Robben grätscht in der 86. Minute am eigenen Sechzehner gegen Jordi Alba. Ich genieße.

Genieße.

Und denke jetzt nur noch Eines: Bitte, bitte, lieber Herr Guardiola, bei aller Euphorie um Götze, lassen sie keinen einzigen dieser unglaublichen Menschen den Verein verlassen!

Und wieder habe ich eine Träne in meinem Auge.

Es ist jetzt 3.05 Uhr, an Schlaf ist nicht zu denken. Aber träumen tu ich schon lange. Danke!


Michael Stricz

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