Donnerstag, 22. November 2012

Schatz, wir müssen reden...

"Das Achtelfinale erreichen - egal wie." So lautete der fromme Wunsch von Uli Hoeneß vor dem Spiel der Bayern in Valencia. Und sein Wunsch wurde erhört. Egal sollte es den Bayern aber trotzdem nicht sein, wie sie sich in Valencia gegen eine lange in Unterzahl spielende Mannschaft quälten. Es war nicht das erste Spiel in den vergangenen Wochen, in dem die Bayern nicht gut aussahen.

Alle drei deutschen Vereine stehen seit gestern im Achtelfinale der Champions League, pure Freude herrscht dabei aber nur bei Borussia Dortmund, deren Formkurve seit Wochen steil nach oben zeigt und die vorallem in der Champios League spielerisch überzeugend agierten. Gegen Amsterdam zeigte der BVB, dass er die Naivität der vergangenen beiden Saison abgelegt hat und auch clever und abgezockt siegen kann.

Tristesse trotz Achtelfinaleinzug

Bei den Bayern dagegen herrscht dagegen schon fast Tristesse. Aber warum eigentlich? Sind es die Erinnerungen an den vergangenen November, die Verantwortliche und Umfeld so nervös werden lassen? So wirklich rational erklären lässt sich die schlechte Stimmung nämlich nicht.

Ein 1:1 in Valencia ist kein Beinbruch, wie Jupp Heynckes zu Recht bemerkte. Zudem steht man wie gesagt bereits sicher im Achtelinale und kann mit einem Heimsieg am letzten Gruppenspieltag gegen BATE Borrisow aus eigener Kraft den Gruppensieg unter Dach und Fach bringen.

Ein Kantersieg war jedoch auch nicht zu erwarten. Erstens ist Valencia nicht so schlecht, wie es einen die Medien im Vorfeld gerne glauben machen möchten (siehe das Interview von Christian Ortlepp mit Uli Hoeneß am Spieltag) und zweitens hat der FC Bayern in dieser Saison lediglich zu Hause überzeugt.

Der Mainstream feiert nur Sieger

Die Reaktionen zeigen jedoch einmal mehr, dass sich Art und Ton der Situationsbetrachtung im Fußball - und insbesondere bei den Bayern - nach den Ergebnissen richten. Negative Aspekte werden, solange der Erfolg stimmt, medial ausgeblendet. Ich habe - und damit stellvertretend für viele abseits des Mainstreams - auf die wenig überzeugenden Leistungen in der Liga hingewiesen und darauf, dass oft nur Kleinigkeiten dafür verantwortlich sind, wer am Ende den Platz als Verlierer oder Gewinner verlässt.

Nach den beiden Unentschieden gegen Nürnberg und Valencia richtet sich nun auch das mediale Spotlight auf die Tatsache, dass nicht alles rund ist was rund scheint beim Rekordmeister. Über die Gründe wird sich jedoch meist ausgeschwiegen - ich hoffe intern ist das anders.

Wo liegen die Gründe für die maue Vorstellung in Valencia? Nach dem Ergebnis des Spiels zwischen BATE und Lille standen beide Teams schon vor dem Anpfiff als Achtelfinalteilnehmer fest. Gut möglich, dass den Bayern dadurch der letzte Funken Motivation gefehlt hat. Mein Einschätzung (die ich weiterhin vertrete), dass sich die Bayern am Samstag gegen Nürnberg für dieses Spiel geschont haben, wird dadurch nicht entkräftigt, weil die Ausgangslage zum Zeitpunkt des Nürnberg-Spiels eine wesentlich kritischere und der Sieg Lilles nicht absehbar war.

Bayern nutzen Überzahl erneut nicht aus

Was jedoch nicht so einfach zu erklären ist, ist wieso es den Bayern zum zweiten Mal in Folge nicht gelang eine zahlenmäßige Überlegenheit in Tore - oder zumindest nicht Gegentore - umzumünzen. Gegen Nürnberg spielte man rund 20 Minuten in Überzahl, gegen Valencia sogar über eine Stunde. Der Ertrag dabei war beide Male mager.

Gegen Nürnberg konnte man es noch dadurch erklären, dass sich die Franken nach dem Platzverweis dem Spiel verweigerten und nur noch defensiv agierten. Gegen Valencia änderte sich an der Ausrichtung des Gegners jedoch wenig, weil die Spanier von Anfang an auf ihre Konterstärke setzten.

Hirnlose Hereingaben und elende Eckbälle

Problem, die ich bereits seit Wochen im Spiel der Bayern sehe, traten auch im Spiel gegen Valencia wieder deutlich ans Licht. Die Hereingaben sind größtenteils völlig planlos. Es ist nicht zu erkennen, dass dem Ablauf dieser Situationen irgendein trainierter Ablauf innewohnt. Meine Hoffnungen liegen in dieser Sache auf der Rückkehr von Mario Gomez.

Gomez scheint im Vergleich zu Mario Mandzukic der bessere Verwerter für die flachen Hereingaben - vorallem auf den kurzen Pfosten - zu sein. Diese Saison haben wir kaum Tore nach diesem Schema erzielt. Beinahe bezeichnend, dass ausgerechnet Gomez der Vorbereiter des Ausgleich war. Nach einer halbhohen Hereingabe.

Erneut müssen hier auch die Eckbälle angesprochen werden: Jeder Ecke brachte Gefahr - nur leider nicht für das Tor der Spanier. Zwei Szenen fand ich dabei bemerkenswert: In der ersten täuscht Toni Kroos erst die Ausführung der Ecke an und verzögert dann so lange bis alle Bayernspieler in der Mitte wieder stehen. Anschließend beschwerte sich Dante lauthalts.

Die zweite Szene nach rund einer Stunde: Schweinsteiger führt die Ecke kurz aus und spielt David Alaba an, der sich an der Strafraumkante anbietet. Alle Bayernspieler sind bereits wieder aus der Bewegung. Alaba wartet gefühlte 10 Sekunden mit dem Ball am Fuß auf eine Option, bevor er den Ball dann zurück an die Mittellinie zu Philipp Lahm spielt. Es sind Szenen, die den Verdacht in mir nähren, dass der FC Bayern trotz seiner zahlreichen kopfballstarken Spieler keinerlei Konzept für die Eckbälle zu haben scheint.

Mangel an Distanzschüssen

Ebenso unverständlich ist für mich der Mangel an Abschlüssen aus der Distanz. In den ersten Spielen haben wir so zahlreiche gefährliche Situationen und Tore heraufbeschworen. Gegen Valencia kam man regelmäßig in gute Schusspositionen, aber der erste Distanzschuss war erst in der 85. Minute zu verzeichnen. Unverständlich.

Nochmal: Nicht das Ergebnis des Spiels ist dabei das Problem - den vorzeitigen Gruppensieg hat man nicht in Valencia sondern in Borissow verspielt - sondern die Tatsache, dass es durch Missstände zustande kommt, die sich bereits seit einigen Spielen ständig wiederholen.

Ich bin aber Realist und weiß, dass eine Mannschaft nicht 50 Spiele auf dem höchsten Niveau spielen kann. Nicht jedes Spiel ist ein Fest und das muss es auch nicht sein.

Ich  gehe also mit Uli Hoeneß und bin zufrieden, dass das Achtelfinale "egal wie" erreicht wurde.


Michael Stricz


3 Kommentare:

  1. Valencia machte das in Überzahl auch sehr geschickt, deswegen würde ich dir in dem Punkt hier widersprechen. Sie stellten sich bei bayrischem Ballbesitz mit zwei Ketten hinten rein und hofften halt auf Vorstöße. Als FC Bayern muss man da ein Mittel finden, aber trotzdem: Respekt dafür an Valencia.

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  2. Da hast du zweifelsohne recht, Valencia hat ein sehr gutes Spiel abgeliefert und ist zweifelsohne ein ganz anderes Kaliber wie Nürnberg am Wochenende gewesen. Wie ich ja geschrieben hab, hat sich an Valencias Ausrichtung auch zu zehnt nicht viel geändert, da sie sich in Spielen gegen nominell bessere Mannschaften sowieso vorangig auf ihre Konterstärke verlassen. Übrigens auch im Hinblick auf den Samstag interessant, da Hannover es verm,utlich mit einer ähnlichen Taktik versuchen dürfte.

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  3. Gegen Hannover bin ich auch sehr gespannt. Endlich wieder ein Spiel was ich im Stadion verfolgen kann und dann auch noch gegen diejenigen wo in den letzten zwei Jahren viele Tore gefallen sind. Bin gespannt ob Hannover nur kontert oder auch spielen will.

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