Dienstag, 12. April 2011

„Der König ist weg, es lebe der König!“

So in etwa muss sich Uli Hoeneß am Sonntag gefühlt haben, als er mit hochrotem Kopf vor die versammelte Presse trat und das Aus des Holländers verkündigte. Der endgültige K.O. des  arroganten und unkommunikativen van Gaal und das Comeback des Übervaters Hoeneß aus dem vorübergehenden Semi-Ruhestand. Und Uli tat mehr als van Gaals Abschied zu verkünden. Er rechnete ohne Gnade ab. Zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit erlebte die Öffentlichkeit einen Hoeneß in Hochform wie er genau das tat, was man im Sport gemeinhin als Nachtreten bezeichnet.


„Mit der Entscheidung Jörg Butt aus dem Tor zu nehmen ging die Scheiße los. […]Der Vorstand hat ihn auf diese Problematik hingewiesen und er hat es trotzdem gemacht. Der gestrige Tag war das Ende einer Kette, deswegen musste der Vorstand gestern reagieren.“

„Das Thema Manuel Neuer hätte sich hier nie so hochgeschaukelt. Wir hätten nie ein Problem in der Südkurve bekommen. Wir haben uns Probleme gemacht, die völlig unnötig waren. […] Und das sollte sich Louis van Gaal mal überlegen, weil ihn der Vorstand und Christian Nerlinger auf diese Problematik aufmerksam gemacht hat.“

„Er hat unseren Rat nicht angenommen und gestern war das Fass übergelaufen.“

„Der Spass hat in diesem Verein seit langer Zeit gefehlt, nicht nur bei uns sondern auch bei den Spielern. Dass die Spieler hinter ihm standen ist ein Märchen.“


Da hat er wirklich Einiges vom Stapel gelassen der gute Uli. Man muss kein großer Rhetoriker sein, um die Verbitterung zwischen diesen Zeilen zu erkennen. Die Enttäuschung und die Wut über van Gaal, der Ärger mit den eigenen Fans und die unbefriedigende Situation in der Liga fanden in dieser Rede ihr Ventil.

Wenn man jedoch auf die Kernaspekte blickt muss man sagen, dass nicht alle Aussagen so für bare Münze genommen werden können. Zunächst einmal stellt Hoeneß Thomas Kraft vor versammelter Medienlandschaft an den Pranger. Dies wird dem jungen Mann nicht gerecht und die Tatsache, dass sein Patzer vor dem 1:1 nun quasi eine Lawine ins Rollen gebracht hat, lässt mich unweigerlich an die Situation mit Michael Rensing zurückdenken. Thomas Kraft hat in den meisten Spielen gute und in einigen sogar überragende Leistungen gezeigt. Seine Reaktion auf die Aussagen von Hoeneß verwundert mich deshalb nicht. Es ist nicht fair diesen Konflikt auf dem Rücken eines jungen Torhüters auszutragen.

Was jedoch stimmt ist Hoeneß Bemerkung bezüglich der Neuer-Problematik. Die Schickeria – Initiator der „Koan Neuer“ - Proteste hätte wohl nie so viele Befürworter gefunden, wenn Jörg Butt auch in der Rückrunde im Tor gestanden hätte. Was Hoeneß jedoch verschweigt ist, dass ebenso die Situation mit den Stehplatzkarten und die Investitionen bei 1860 München Stein des Anstoßes für viele Proteste waren. Diese Probleme sind durch Hoeneß` Aussagen mal eben ganz souverän unter den Tisch gekehrt. Kritische Nachfragen gab es seitens der Journalisten dazu scheinbar keine, aber wer will sich schon mit einem Hoeneß in dieser Stimmung anlegen.

Was mich an der ganzen Sache wirklich stört ist die Tatsache, dass die gestandenen Spieler nicht auch einen Teil des Zornes abbekommen haben. Zu eindeutig war die Tatsache, dass die Mannschaft in den vergangenen Spielen gegen den Trainer gespielt hat. Der Höhepunkt war der Platzverweis von Arjen Robben nach dem Schlusspfiff. Eine so charakterlose und disziplinlose Vorstellung darf man sich im Trikot des FC Bayern einfach nicht erlauben. Dabei spielte es keine Rolle, ob man den Trainer mag oder nicht, ob das Wetter nicht so toll ist oder ob man gerade aus der Champions League ausgeschieden ist. Wer eine solche Leistung wie im Hinspiel gegen Inter Mailand zeigen kann, der kann so schlecht nicht sein, dass er die Qualifikation für die Champions League gegen Nürnberg aus der Hand gibt. Die Rufe nach Mark van Bommel oder Lucio finde ich zunehmend lächerlich. Das einzige Problem dieser Mannschaft ist, dass keiner der gestandenen Spieler Eier in der Hose hat. Kein Lahm, kein Schweinsteiger und erst recht kein Robben. Von einer Mannschaft erwarte ich, dass sie gemeinsam Alles für den Erfolg tut, auch gegen Widerstände. Die Tatsache, dass die Spieler keinen Spass mehr am Spiel haben ist für mich keine Entschuldigung für die Leistungen der vergangenen Spiele.

Letztlich war es eine richtige und längst überfällige Entscheidung van Gaal zu entlassen, speziell wenn man hört, was da noch so vorgefallen sein soll in den vergangenen Monaten. Sollte es wirklich der Wahrheit entsprechen, dass bereits die Vertragsverlängerung im September eine Art Friedensangebot an van Gaal war, dann kann ich mir nur an den Kopf fassen. Ich hoffe, dass mit dem Abgang nun sämtliche mentale Blockaden gelöst sind und man sich endlich wieder daran erinnert, wie man erfolgreich Fußball spielt. Sag es uns Oli!


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